Künstler | Advance Base | |
Album | Animal Companionship | |
Label | Run For Cover | |
Erscheinungsjahr | 2018 | |
Bewertung |
Ich hasse Hunde. Mir wird nie einleuchten, wie man sich eine Kreatur ins Haus holen kann, die nichts kann außer scheißen und beißen. Noch schlimmer finde ich die weit verbreitete Problematik, dass Hundehalter so viel Aufmerksamkeit, Geld und Empathie in Vierbeiner stecken, statt sich um die Verbesserung des Lebens für Menschen zu kümmern. Warum es zum Beispiel Hundewiesen gibt, die nichts anderes als Tierkloaken im mit Grün oft nicht gerade üppig ausgestatteten städtischen Raum sind, statt dort Spielplätze für (Menschen-)Kinder anzulegen oder (hundefreie) Parks oder Bolzplätze, wird mir ein ewiges Rätsel bleiben. Natürlich kann man durchaus Menschen und Hunde gern haben, aber bei vielen Herrchen und Frauchen erscheinen mir da die Prioritäten grotesk vertauscht.
Owen Ashworth startet also mit erschwerten Bedingungen, wenn er sein neues Album als Advance Base nun Animal Companionship nennt, einen von Jessica Seamans gemalten Hund aufs Cover hebt und in den zehn Liedern tatsächlich in erster Linie über Hunde und andere Haustiere singt. Etwas besser wird seine Ausgangsposition, wenn man weiß, wie verdienstvoll sein bisheriges (hundefreies) Werk ist. Die Longplayer Shut-In’s Prayer (2012) und Nephew In The Wild (2015) sowie einige Tapes, EPs und ein Livealbum haben ihm Vergleiche mit Damien Jurado, The New Year oder Pedro The Lion eingebracht. Zuvor hatte er schon mit dem Electronic-Pop-Projekt Casiotone For The Painfully Alone fünf Alben veröffentlicht, bis er 2010 diese Aktivitäten einstellen musste, um sein angeschlagenes Gehör zu schonen. Auch nicht unwichtig für Sympathiepunkte bei mir: Ashworth selbst besitzt keinen Hund.
„Es gab da so eine Zeit im letzten Jahr, als ein paar meiner Freunde Probleme mit ihren Hunden hatten. Plötzlich gab ich ständig Ratschläge zu diesem Thema. Ich habe die ganze Zeit nur über diese Freunde und ihre Hunde nachgedacht und mir Sorgen gemacht und plötzlich sind diese Hunde einfach in meinen Songs auftaucht“, erklärt er, wie der Fokus für Animal Companionship zustande kam. Wie immer bei Advance Base geht es dabei natürlich auch um das große Ganze. „Wenn du die Beziehung zwischen dir und deinem Haustier erklärst, kann das manchmal echt total verrückt klingen. Wir neigen alle dazu, Tiere die wir lieben zu vermenschlichen, indem wir über sie sprechen, als wären sie unsere Kinder, Geschwister oder Ehepartner,“ hat Ashworth erkannt. „Ich habe diese Songs geschrieben, um mir selbst klar zu machen, was Haustiere für ihre Besitzer bedeuten, wie diese Tierbeziehungen unseren menschlichen Beziehungen beeinflussen und umgekehrt.“
So werden jetzt Dolores & Kimberly besungen, sehr gelassen und in einem Stil, der wie eine Country-Variante der Eels wirkt, was sich auch in einigen anderen Tracks beobachten lässt. „They seemed happy just to be in their own time“, singt er über Rabbits – dieser gedankenverlorene Zustand lässt sich auch bei ihm auf Animal Companionship immer wieder beobachten. Your Dog besteht nur aus Gesang und E-Piano, wird nostalgisch und so traurig, dass das „Bark, bark“, das hier trotzig einem gerade verstorbenen Hund hinterhergerufen wird, kein bisschen albern klingt.
True Love Death Dream eröffnet das Album und führt mit sehr prominenten Synthiesounds musikalisch zunächst auf die falsche Fährte. „It was true love“, singt Ashworth, sein Erzähler ist betrübt, aber weitgehend darüber hinweg, denn er hat erkannt: Diese Beziehung war nicht zu retten, aber wenigstens die Erinnerung daran lässt sich jetzt noch schützen und bewahren. Same Dream lebt von der Sehnsucht nach einem „happy place“ und „childhood memories“, das herzzerreißende Care führt Empathie und Selbstmitleid zueinander.
Neben der Vierbeiner-Affinität war ein wichtiger Einfluss für das in den Palmetto Studios in Los Angeles zusammen Jason Quever aufgenommene Animal Companionship eine Songwriting-Auszeit, die sich Ashworth teils bewusst nahm, die aber auch dadurch zustande kam, dass er sich verstärkt um sein eigenes Label Ordinal Records kümmerte, mit dem er anderen Künstlern eine Plattform bieten möchte. „Ich habe viel Zeit damit verbracht, darüber nachzudenken, wieso ich eigentlich Songs schreibe und was mir das Ganze gibt“, sagt er und verrät uns dann auch die Antwort, die er gefunden hat: „Der Grund, warum ich immer Musik gemacht habe, ist, dass es für mich eine therapeutische Wirkung hatte. Es ist ein Weg, meine Gefühle zu verarbeiten und mein Unterbewusstsein zu verstehen. Ich liebe dieses Ritual, ein Lied zu schreiben und es immer und immer wieder zu spielen, bis der Song seine eigentliche Bedeutung offenbart. Dieser Prozess kommt Meditation schon am nächsten.“
Man kann diesen Effekt bei Advance Base immer wieder entdecken, am deutlichsten vielleicht auf Christmas In Nightmare City. „You didn’t mean to drive so far / but you just had to get away“, heißt eine der sehr einprägsamen Zeilen darin, der damit erzählte Horror ist ein sehr gut versteckter, aber deshalb nicht weniger bedrückend. Selbst für eine Skizze wie Answering Machine gilt das: Der Song ist nur 67 Sekunden lang, darin steckt aber trotzdem ganz viel von dem, was Advance Base ausmacht.