Autor | Roberto Saviano | |
Titel | Gomorrha – Reise ins Reich der Camorra | |
Verlag | Hanser | |
Erscheinungsjahr | 2006 | |
Bewertung |
Dieses Buch ist eine Anklage. Roberto Saviano, der selbst aus Neapel stammt, liefert hier nicht nur einen akribisch recherchierten Bericht über die Machenschaften der Mafia. Er zeigt auch, wie das organisierte Verbrechen jahrelang in Saus und Braus gelebt hat – auf Kosten der Menschen im Süden Italiens.
Es gibt erstaunliche Einblicke. Saviano zeigt die Maschinerie, die Einnahmequellen und die Brutalität der Mafia. Er zeigt, dass sie nicht nur mit Drogen und Waffen handelt, sondern auch das Geschäft mit Zement, Designermode oder Müllentsorgung dominiert. Das führt in Zeiten von Hedgefonds und Nahrungsmittelspekulanten zu einer erstaunlichen Erkenntnis: Düstere Bosse und widerliche Gewaltakte gehören dazu. Doch die wahre Macht der Mafia beruht darauf, dass die Spitzen von Camorra, Cosa Nostra und ‚Ndrangheta inzwischen Top-Manager sind. Sie sind die besten Kapitalisten, für die nichts zählt als das Geschäft.
Die Mafia macht damit deutlich, was droht, wenn der Staat dem Markt nur noch ohnmächtig gegenüber stehen kann. „Gomorrha“ ist nicht nur ein gekonntes Wortspiel wegen seiner Ähnlichkeit zu „Camorra“, sondern genau das, was sich dann abspielt.
Saviano weiß um die scheinbare Unantastbarkeit dieses Systems, und dennoch nimmt er es nicht hin. Er nennt Hintergründe und Drahtzieher, Verstrickungen und Profiteure. Und er nennt Namen. Das ist zum einen die Stärke dieses Buches, das sich manchmal liest wie eine Ermittlungsakte. Es ist aber auch die Schwäche. Denn Saviano verzettelt sich in seinem aus Wut und Fassungslosigkeit gespeisten Eifer mitunter zwischen Abstraktem und Konkretem, zwischen Strukturen und Personen.
Das mag in Italien, wo das Buch ein Jahr lang auf der Bestsellerliste stand (und wo Saviano inzwischen im Untergrund leben muss) noch angehen. Für die deutsche Übersetzung wäre zwingend eine Reduktion nötig gewesen – oder aber ein Glossar samt Karte, um in der Fülle von Details nicht verlorenzugehen.
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