Künstler*in | Alvvays | |
Album | Alvvays | |
Label | Transgressive | |
Erscheinungsjahr | 2014 | |
Bewertung |
Shitesite bemüht sich ja stets, für Plattenkritiken einen möglichst originellen Ansatz mit einem möglichst interessanten Einstieg in den Text zu finden. Das wäre sicher auch beim Debütalbum von Alvvays aus Kanada möglich. Man könnte es sich aber auch viel einfacher machen, und so soll es hier ausnahmsweise sein. Die Musik von Molly Rankin (Gesang, Gitarre), Kerri Maclellan (Keyboard, Gesang), Alec O’Hanley (Gitarre), Brian Murphy (Bass) und Phil MacIsaac (Schlagzeug) lässt sich nämlich in einem Satz zusammenfassen: Sie ist wunderschön.
Mal wird es bei Alvvays rhythmisch verspielter wie in Next Of Kin, mal sorgen ein stoischer Computerbeat und ein reduziertes Tempo für zusätzliche Verträumtheit wie in Dives, manchmal lässt sich inmitten all des herrlichen Jangles durchaus einen Hauch von Ungestüm und Punch erkennen wie in Atop A Cake. Aber ganz oft klingen die Songs des Quintetts so umwerfend und einnehmend, dass es ein Frevel wäre, sie zu sezieren, wie man das etwa im Auftakt Adult Diversion erleben kann: Es schrammelt, aber es hat Kraft. Es ist Indie- und LoFi-geprägt, aber es strahlt. Das liegt an schönen Details wie den Bläsern, vor allem aber an der tollen Melodie und der glockenhellen Stimme von Molly Rankin.
Sie klingt in Ones Who Love You zuckersüß, während man in den Instrumenten einen Hauch von Verderben und Bedrohung erkennen kann. Sie artikuliert in The Agency Group eine bezaubernde Melancholie, die wohl unvermeidbar ist, wenn man sich als „an oucast of modern society“ fühlt, wie es hier heißt. Sie lässt in Party Police sogar die Betrübnis vergessen, die darin unverkennbar von der Gitarrenmelodie evoziert werden soll. Alvvays benennen dafür Teenage Fanclub, The Vaselines und Belle & Sebastian als Referenzen, was man gut nachvollziehen kann. Zugleich schaffen sie es auf diesem von Chad VanGaalen produzierten Album, sofort einen sehr hohen Wiedererkennungswert zu erschaffen.
Mit Red Planet haben sie dabei auch ein Überraschungsmoment eingebaut: Der Song kommt ausnahmsweise als Synthesizer-Ballade daher, und Molly Rankin gibt auf diesem einsamen Planeten einen niedlichen, weiblichen Major Tom, was ihr ebenfalls glänzend steht. Vielleicht am besten von all diesen sehr guten Liedern ist Archie, Marry Me. Man konnte 2014 sicher kein anderes Lied finden, in dem so viel Alternative-Romantik steckt – und seitdem auch nur sehr wenige.