Back To Black Review Kritik

Back To Black

Film Back To Black

Back To Black Review Kritik
Amy Winehouse (Marisa Abela) feiert als Sängerin große Erfolge.
Produktionsland USA, Großbritannien
Jahr 2024
Spielzeit 122 Minuten
Regie Sam Taylor-Johnson
Hauptdarsteller*innen Marisa Abela, Eddie Marsan, Jack O’Connell
Bewertung

Worum geht’s?

Der Film von Regisseurin Sam Taylor-Johnson, die sich mit ihrem Debüt Nowhere Boy zuvor schon John Lennon in seinen jungen Jahren angenommen hatte, zeichnet die Karriere von Amy Winehouse nach. Beginnend bei der musikalischen Prägung in ihrer Familie über die abgebrochene Showbiz-Ausbildung an der BRIT School und dem Durchbruch mit ihrem ersten Album Frank steht die Phase nach dessen Veröffentlichung im Jahr 2003 bis zum Tod der Sängerin 2011 im Mittelpunkt der Handlung: Amy Winehouse legt sich mit ihrem Management an, nimmt sich eine Auszeit, arbeitet an einer neuen Platte und genießt den Mega-Erfolg, den ihr zweites Album Back To Black 2006 schließlich bringen wird. Parallel lernt sie Blake Fielder-Civil kennen, den sie 2007 heiratet. Doch sie kämpft durchweg mit Drogensucht und Selbstzweifeln, ringt um Anerkennung und muss Schicksalsschläge wie den Tod ihrer geliebten Großmutter verkraften.

Das sagt shitesite:

Back To Black weist ein paar sehr interessante Parallelen zu Nowhere Boy auf. Auch hier wird ein Musik-Megastar porträtiert, auch hier wird eine schwierige Familiengeschichte erzählt, auch hier hat man leibhaftige Popstars zur Unterstützung für die Filmmusik angeheuert (nämlich Nick Cave). Wie bei ihrem Debüt gelingt es Regisseurin Sam Taylor-Johnson zudem auch in Back To Black, einige tolle, sehr bildstarke und überaus lebendige Szenen auf die Leinwand zu bringen. Die Sequenz, als Amy im Pub zum ersten Mal auf Blake trifft und die beiden ihr gemeinsames Interesse nicht nur für Flirts und Drinks, sondern auch für alte Soulmusik entdecken, gehört dazu. Auch die wunderbar inszenierten Flitterwochen mit einem spektakulären Mix aus Freude am Prunk und einen Hang zur Gosse, der erzählt wird, indem sich das frisch verheiratete Paar in einem Luxushotel vom Zimmerservice einen Burger aus dem nächstbesten Fast-Food-Restaurant liefern lässt. Nicht zuletzt der Beginn des Films, der wie ein herrlich harmonischer Familienabend wirkt, bis klar wird, dass Amy Winehouse hier nur mit der einen Hälfte ihrer Familie feiert, während ihr gebrechliche Mutter allein zuhause sitzt.

Die Eingansszene verdeutlicht aber auch bereits die erste große Schwäche von Back To Black: Innerhalb weniger Minuten werden hier ganz viele wichtige biografische Daten abgerissen, vom jüdischen Hintergrund der Familie über die (erfolglosen) musikalischen Ambitionen des Vaters bis hin zum gescheiterten Versuch, als Teenagerin an der BRIT School zu reüssieren. Dazu kommen auch noch die abgöttische Verehrung für ihre Großmutter und ein paar Verweise auf musikalische Vorbilder. Das ist nicht ganz ein Parforceritt angesichts der sich in jedem Biopic stellenden Aufgabe, ein ganzes Leben auf die Länge eines Spielfilms einzukürzen. Aber auch nach diesem Auftakt fehlt hier immer wieder die Fähigkeit, das wirklich Wichtige herauszustellen. Statt den Fokus auf wenige Wendepunkte zu legen und diese dramaturgisch überzeugend zu zeigen, wirkt Back To Black manchmal wie ein Film-gewordener Wikipedia-Artikel. Neben der Familiengeschichte und den künstlerischen Angfängen von Amy Winehouse werden da auch noch die Tücken des Musikbusiness, die Last der Paparazzi, die Magersucht, der unerfüllte Kinderwunsch und natürlich der Alkoholismus der Künstlerin auf die Leinwand gebracht. Damit wird komprimiert statt selektiert, und erzählerisch ist das arg einfalls- und mutlos.

Die zweite große Schwäche ist, dass all diese Ereignisse bloß geschildert werden, beinahe dokumentarisch. So wenig, wie Back To Black einen eigenen Schwerpunkt setzt, so wenig nimmt der Film eine Wertung dessen vor, was hier passiert. Die Manager und Plattenbosse machen Druck, scheinen aber gute Gründe dafür zu haben. Blake Fielder-Civil ist ein Junkie und Halodri, scheint aber irgendwie auch ein ziemlich cooler Typ zu sein (in manchen Szenen erscheint er als der fast noch mehr schillernde Charakter, und beispielsweise die Idee, diese Geschichte aus seiner Perspektive zu erzählen, wäre vielleicht ein reizvoller Ansatz gewesen). Vater Mitch Winehouse versäumt es als Manager zwar immer wieder, seine Tochter vor dem Absturz zu bewahren und lässt sie stattdessen offenkundig all die Trophäen jagen, die ihm selbst versagt blieben, hat aber eindeutig großes diplomatisches Geschick und das Herz am rechten Fleck. Selbst die Paparazzi sind zwar gierig und erbarmungslos, machen aber wohl auch nur ihren Job.

Taylor-Johnson und Drehbuchautor Matt Greenhalgh scheinen erpicht darauf, keine ihrer Figuren bloßzustellen und auch niemanden in die Verantwortung zu nehmen für den Tod von Amy Winehouse im Alter von nur 27 Jahren – auch nicht die Künstlerin selbst. Es gibt kein Urteil, keine Kritik und übrigens auch keinen Humor. Auch das ist letztlich enttäuschend. Denn einen (ziemlich guten) Dokumentarfilm über das Leben von Amy Winehouse gibt es bereits (von Jeremy Marre aus dem Jahr 2018, ebenfalls mit dem Titel Back To Black). Und nicht zuletzt sind Aufstieg und Fall dieser Künstlerin, einschließlich ihres Privatlebens (auch filmisch) ohnehin bestens dokumentiert. Fans der Sängerin lernen hier nichts Neues, wer sich hingegen zuvor noch nie mit Amy Winehouse beschäftigt hat, wird recht ratlos zurückgelassen hinsichtlich der Frage, wie man sich den tragischen Verlust dieses Ausnahmetalents nun erklären soll.

Das passt natürlich zu einem Widerspruch, der diese Biographie geprägt hat: Künstlerisch war Amy Winehouse höchst unkonventioell und strebte nach maximaler Autonomie. Sie stürmte die Charts mit einem Sound, der zuletzt vor 50 Jahren erfolgreich war, sie modernisierte Soul etwa mit Einflüssen aus Rap und Reggae, sie erlaubte sich provokante Texte und einen aggressiven Umgang mit Presse, Fans und ihrer eigenen Plattenfirma. Für ihr privates Glück strebte sie hingegen nach einem erstaunlich bürgerlichen Ideal und nicht zuletzt nach jemandem, der ihr die Verantwortung für das eigene Leben abnahm. So selbstbewusst sie auftreten konnte, so schnell konnte sie auch zum Opfer werden.

Dass hinter beiden Seiten dieses Dilemmas letztlich eine große Leidenschaft steckte, bringt Back To Black immerhin wunderbar rüber, insbesondere in den Szenen mit Live-Performances, in denen Hauptdarstellerin Marisa Abela selbst singt. Rauschhaft, unkontrolliert und immer wandelnd auf dem schmalen Grat zwischen Grazie und Chaos – so war letztlich nicht nur die Musik von Amy Winehouse, sondern ihr Leben.

Bestes Zitat:

„Ich schreibe keine Songs, um berühmt zu sein. Ich schreibe Songs, weil ich keine Ahnung habe, was ich sonst tun sollte. Ich muss etwas Schlechtes in etwas Gutes verwandeln.“

Der Trailer zum Film.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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