Bayuk Secrets Live Kritik

Bayuk – „Secrets (Live)“

Künstler*in Bayuk

Bayuk Secrets Live Review Kritik
Sechs eigene Songs interpretiert Bayuk für die EP neu.
EP Secrets (Live)
Label Grönland
Erscheinungsjahr 2021
Bewertung Foto oben: (C) Rewika Promotion / Max Hartmann

Dass Magnus Hesse, der Mann hinter Bayuk, lieber Bewegung als Stillstand mag, erkennt man auf den ersten Blick. Ein Song auf dieser EP heißt 200 Miles, ein anderer führt ihn bis nach Oslo, auf dem Cover versucht er gar, mit dem Kopf durch die Zimmerdecke voranzukommen. Dass er die Kollaboration schätzt, ist ebenfalls überdeutlich. Die Hälfte der hier enthaltenen Tracks hat er mit ziemlich prominenten Kollegen zusammen geschrieben, nicht zuletzt sind es durchweg Neuinterpretationen seines eigenen Materials, die er gemeinsam mit seiner aktuellen Liveband im Studio eingespielt hat.

Es geht also einerseits darum, den Stücken vom zweiten Album Exactly The Amount Of Steps From My Bed To Your Door (da ist schon wieder die Lust auf Fortbewegung im Titel zu erkennen!) neue Facetten zu entlocken, andererseits die Möglichkeiten des musikalischen Miteinanders einzufangen. „Ich wollte immer schon mit Band auftreten, seit ich ein Teenager bin“, sagt Bayuk. „Im gesamten Entstehungsprozess des Albums hatte ich das Live-Spielen im Hinterkopf. Das lief immer mit, wie ein Film. Marty McFly etwa ist ein Song über genau dieses Gefühl: Der Traum eines 17-Jährigen aus Tübingen, der bei einem Konzert einer Schülerband feststellt, dass es genau das ist, was er mit seinem Leben machen will – auf der Bühne stehen wie Marty McFly auf der Prom Night-Party in Zurück in die Zukunft.

Den dazugehörigen Song kann man als Highlight der EP betrachten: Zwar ist das Tempo in Marty McFly verschleppt und auch das Arrangement insgesamt reduziert, dennoch wird klar, wie viel Lust auf hoch emotionale Pop-Größe hier drin steckt, etwa im Stile von Coldplay. Im Auftaktlied Head Under Waves muss man hingegen an William Fitzsimmons denken. Das gilt für die Ästhetik aus hoher Stimme, einer einsamen E-Gitarre, die klingt, als habe sie schon viel zu viel gelitten in ihrem Leben, und der weisen Erkenntnis: „I know that I can’t love you back / if I can’t love myself“. Es gilt aber genauso für die Intensität, die nicht nur diesen Song prägt, sondern zum Charakteristikum für die EP insgesamt wird.

Auch Oslo hat diese Qualität und unterstreicht, wie gut Bayuk seine Sensibilität in Spannung verwandeln kann. „I can’t tell the difference between you and me anymore“, singt er, und es bleibt dabei offen, ob ein solches Ausmaß an Symbiose eine gute oder schlechte Sache ist. Passend dazu wird aus der Beschaulichkeit im Sound nach knapp vier Minuten fast unmerklich ein ziemliches Drama.

Und dann sind da ja noch die drei Tracks mit namhafter Unterstützung. Am Text von 200 Miles hat Philipp Steinke mitgeschrieben, der unter anderem die Glanzstücke von Boy produziert hat. Diese Referenz kann man auch hier gut erkennen: Das Stück rund um die Frage „Will you still hold on to me / 200 miles away?“ ist fragil, aber auch mit dezentem Drive ausgestattet. Bei Different ist Tobias Kuhn (ehemals Miles) mit am Werk, das Ergebnis zeigt viel Könnerschaft, in der Melodie ebenso wie in der Dramaturgie. Kuhns Soloprojekt Monta bekommt bei Secrets ein „Featuring“, zudem hat hier auch Christian Neander (Selig) mitgeschrieben. Die hypnotisch-einfache Gitarrenfigur ergänzt sich darin wunderbar mit dem stets etwas somnambulen Gesang von Bayuk. Letztlich zeigt auch dieses Stück, wie wenig Pomp und Zierrat diese Songs brauchen, um eine eindrucksvolle Wirkung zu erzielen.

Ganz ohne Pomp: So klingt Marty McFly live im Studio.

Website von Bayuk.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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