Beabadoobee Beatopia

Beabadoobee – „Beatopia“

Künstler*in Beabadoobee

Beabadoobee Beatopia Review Kritik
Mit „Beatopia“ unterstreicht Beabadoobee ihre Ambitionen.
Album Beatopia
Label Dirty Hit Records
Erscheinungsjahr 2022
Bewertung Foto oben: (C) Beats International / Callum Harrison

Wahrscheinlich liegt es noch immer an Coffee. Dies war das erste Lied, das die damals 17-Jährige Beatrice Laus als Beabadoobee veröffentlichte. Zwei Jahre später nahm der kanadische Rapper Powfu ein Stück daraus und sampelte es für seinen Track Death Bed (Coffee For Your Head). Unter anderem dank TikTok wurde daraus ein großer Hit, mit Top-5-Platzierungen in Großbritannien, Australien und Neuseeland sowie Gold- und Platin-Auszeichnungen in den USA, im UK und etlichen anderen Ländern. Damit war dann auch Beabadoobee in aller Munde.

2020 erreichte ihr eigenes Debütalbum Fake It Flowers die britischen Top 10, auch ihre EPs wurden gefeiert, dazu kamen Tourneen etwa mit The 1975, Halsey und Clairo. Die auf den Philippinen geborene und in London aufgewachsene Künstlerin weiß, wie wichtig das Sample von Powfu für all diese Karriereschritte war. Dass sie noch immer so häufig für „das Mädchen mit der Schrammelgitarre aus dem Kaffee-Lied von TikTok“ gehalten wird, fuchst sie aber offenkundig dennoch: „Ich habe es irgendwie gehasst. Ich hasste es, dass mehr Leute den ersten Song, den ich je geschrieben hatte, kannten und nicht meine anderen. Ich war so stur, aber ich habe mich damit abgefunden und akzeptiert, dass das Leben nun mal so funktioniert. Ich war extrem dankbar für seine Existenz und es hat mir nur noch mehr Möglichkeiten gegeben“, sagt sie heute.

Man merkt Beatopia an, wie unbedingt sie diese Assoziation ein für allemal aus der Welt schaffen will. Das zweite Album ist persönlicher, vielfältiger und experimenteller als alles andere, was sie zuvor veröffentlicht hat. Und es zeigt, wie groß ihr Talent ist für Pop, der edgy, klug, individuell und selbstbewusst daherkommt.

Das verwunschene Quasi-Intro Beatopia Cultsong, das vor allem zu Beginn reichlich schräge Broken CD, der wuchtige Rhythmus in der Single Talk oder die Latin-Elemente in The Perfect Pair zeigen, wie groß der musikalische Horizont von Beabadoobee längst ist. Ebenso beeindruckend ist der Detailreichtum auf der mit Jacob Bugden produzierten Platte. Nicht zuletzt kann man nur staunen über die coole Gelassenheit von Tracks wie Sunny Day oder einen auf seiner eigenen Souveränität schwebenden Song wie Pictures Of Us.

Ein schönes Beispiel für die Originalität und Cleverness von Beatopia ist See You Soon: Man erkennt die recht schlichte Gitarrenfigur als Basis, aber der Song schillert trotzdem durch viele sehr schöne Produktionsideen, die sich darum gruppieren, und hätte so wunderbar beispielsweise zu All Saints gepasst. Wenn die 22-Jährige richtig Lust auf Rock bekommt wie in 10 36, rückt das Ergebnis in die Nähe von Avril Lavigne. Als in Don’t Get The Deal die Stimme von Jack Steadman (Bombay Bicycle Club) als gelegentliche Begleitung erklingt, scheint das nur der Erinnerung daran zu dienen, wie absolut Beabadoobee hier das Geschehen dominiert.

Natürlich gibt es bei aller Ambition auch weiterhin genug Unterhaltungsfaktor. Das vergleichsweise straighte Tinkerbell Is Overrated wird sehr eingängig, Ripples erweist sich als eine extrem hübsche Ballade, Lovesong ist natürlich nicht „just another lovesong about you“, wie der Text behauptet, sondern dank der herrlichen Bläser und der wie sprudelndes Wasser perlenden Klaviertöne ein Highlight der Platte. Das sehr romantische You’re Here, That’s The Thing könnte man für eine harmlose Schunkel-Nummer halten, aber auch darin steckt ganz viel Klasse. Der Fairy Song ist vielleicht der typischste Moment für Beatopia: Er wird hoch ungewöhnlich und trotzdem extrem einnehmend.

Über den Dingen (und den eigenen Fans) steht Beabadoobee auch im Video zu Talk.

Website von Beabadoobee.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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