Künstler*in | Beabadoobee | |
EP | Our Extended Play | |
Label | Dirty Hit Records | |
Erscheinungsjahr | 2021 | |
Bewertung | Foto oben: (C) Beats International / Callum Harrison |
Die Chance sehen in der Krise, eine Enttäuschung umwandeln in einen Triumph, sich nicht unterkriegen lassen und gestärkt aus negativen Erfahrungen hervorgehen – solche Tugenden predigen Motivationscoaches gerne. Falls sie dafür mal auf der Suche nach einem musikalischen Paradebeispiel sein sollten, dürfte Our Extended Play von Beabadoobee bestens geeignet sind.
Denn die Geschichte der fünften EP von Beatrice Kristi Ilejay Laus, wie die die auf den Philippinen geborene und in London aufgewachsene Künstlerin bürgerlich heißt, geht so: Mit 17 bekam sie ihre erste Gitarre und brachte sich das Spielen über YouTube-Tutorials selbst bei. Im gleichen Jahr folgte ihre erste Single, 2018 die erste EP. Schnell gab es viel Aufmerksamkeit und Anerkennung: Beabadoobee wurde 2020 für den Rising Star Award bei den Brit Awards nominiert und gewann den Radar Award des NME. Sie trat bei Mega-Festivals wie Coachella und Glastonbury auf und ging auf Tour im UK mit Halsey und The 1975.
Ihre Labelkollegen sollte sie dann eigentlich auch im Frühjahr 2020 auf deren Konzertreise durch die USA begleiten, um (rechtzeitig zur anstehenden Veröffentlichung ihres ersten Albums) idealerweise die nächste Stufe ihrer Karriere zu zünden – doch dann kam Covid. Da weder The 1975 noch Beabadoobee nun noch Shows spielen konnten, zogen sie sich stattdessen ins ländliche Oxfordshire zurück und schrieben zusammen an neuen Songs. Matty Healy und George Daniel haben intensiv an Our Extended Play mitgearbeitet und auch coproduziert. „Es war wirklich schön, gemeinsam etwas zu erschaffen, mein erstes Mal, dass ich in einer solchen Umgebung geschrieben und aufgenommen habe. Ich wollte noch mehr mit den Klängen und dem Sound experimentieren und die EP hat für mich ein Gefühl von Zusammengehörigkeit… wie wir alle zusammen in dieser Einheit sind“, sagt die 21-Jährige.
Last Day On Earth eröffnet das Werk mit einer leicht getrübten Heiterkeit wie bei The Cure, der ebenso kecken wie verführerischen Stimme und ein paar Elementen in Gitarre und Schlagzeug, die an die ganz frühen Blur denken lassen. Den apokalyptischen Songtitel erklärt Beabadoobee so: „Die EP handelt von all den Dingen, die ich getan hätte, wenn ich gewusst hätte, dass wir in einen Lockdown gehen und die Welt sich so verändern würde, wie sie es getan hat. Textlich reflektiere ich darüber, wie es sich anfühlen würde, wenn wir alle im Voraus gewusst hätten, was passieren würde. All die Dinge, die ich getan hätte, wenn ich gewusst hätte, dass es der letzte Tag unserer alten Normalität war.“
Dieses Gefühl von Erschütterung, Unsicherheit und dem Wunsch nach Ausbruch durchzieht auch die anderen drei Songs auf Our Extended Play. Eine große Fragilität hat das anfangs akustische, später an Vanessa Carlton erinnernde Animal Noises. Typisch für die EP ist auch der sehr bestimmte Beat in der Single Cologne, der hier mit einer fast schreienden Gitarre, einem zwischendurch sehr aggressiven Bass und irritierenden Zeilen wie „I hate what this song is about“ kombiniert wird. He Get’s Me So High lässt zum Abschluss jedes Element besonders strahlen und vereint wunderbar Punch und Eleganz – die Motivationscoaches wären sicher begeistert.