Beach Fossils The Other Side Of Life: Piano Ballads Albumkritik

Beach Fossils – „Bunny“

Künstler*in Beach Fossils

Beach Fossils Bunny Review Kritik
Der Hase ist das Studio-Maskottchen von Beach Fossils.
Album Bunny
Label Bayonet Records
Erscheinungsjahr 2023
Bewertung Foto oben: (C) Cargo Records / Andrew Cigna

Vielleicht, vielleicht, vielleicht sind ein paar Leute in Versuchung, beim vierten Album von Beach Fossils „Sellout!“ zu rufen. Schließlich hat Dustin Payseur, der Mann aus New York hinter diesem Projekt, ein niedliches Stofftier aufs Cover der Platte gehoben (der besagte Hase steht in seinem Studio schon seit der Zeit, als er am 2017 veröffentlichten Vorgänger Somersault gearbeitet hat). Er kündigt außerdem ein erhöhtes Maß an Eingängigkeit an: „Als ich die erste Platte schrieb, gab es keine Refrains, sondern nur instrumentale Gitarrenparts zwischen den Strophen. Dies ist die erste Platte, bei der ich bewusst darüber nachgedacht habe, einen Refrain zu schreiben“, sagt er über Bunny. Womöglich hatte er während Auftritten beim Coachella oder Tropicalia Festival sogar Lust auf die großen Bühnen bekommen.

Schon ein flüchtiger Eindruck der Platte zeigt allerdings, dass solch eine Sorge unbegründet ist. Was Payseur, der selbst produziert hat, gemeinsam mit Tommy Davidson (Gitarre), Jack Doyle Smith (Bass) und Anton Hochheim (Schlagzeug) bietet, ist wieder genau das, was Pitchfork so treffend als „celebrations of slackerdom“ bezeichnet hat.

Anything Is Anything klingt genau wie Musik von jemandem, der den ganzen Tag im Bett verbracht hat, es gibt viel Hall und ein paar Shoegaze-Einflüsse. „Nothing feels better than wasting time“, heißt es in Dare Me, das ein bisschen mehr Punch hat und so an The Teenagers erinnert. „Everybody’s chasing after someone else’s dream / I just want to live my life“, heißt in Feel So High das Faulenzer-Credo. (Just Like The) Setting Sun erlaubt sich einen Hauch von Psychedelik. „I used to think that I would always be alone“, heißt es darin, und direkt danach folgt der wunderbare Reim „wish I was easygoing / need too much melatonin“. Der Album-Abschluss Waterfall ist einer von etlichen Tracks auf Bunny, der an The Byrds denken lässt, nicht nur wegen des Harmoniegesangs und des getragenen Tempos. Der Sound klingt wie eine Definition von „mellow“: Dieser Wasserfall ist nicht kraftvoll, prasselnd und erfrischend, sondern eine sanfte Massage, weich und mit Wohlfühltemperatur.

Numb könnte man sich fast von My Bloody Valentine vorstellen, eine zentrale Zeile darin heißt „I can’t forget“ – und auch die Pixies-Coverversion des gleichnamigen Leonard-Cohen-Songs hat hier Spuren hinterlassen. Wäre der Beat von Don’t Fade Away etwas energischer, müsste man „Disco“ dazu sagen. Tough Love hätte ohne all diese Effekte einen geradezu betörend mitreißenden Refrain. Seconds wird zwischendurch angedeutet heavy, auch wenn man das hinter dem „Ahaha“-Harmoniegesang kaum merkt.

Die Ästhetik von Run To The Moon dürfte mit Wattebausch-Gesang, Pedal Steel Guitar und prominentem Bass auch Das Paradies gefallen, beinahe scheint daraus sogar ein lupenreiner Lovesong rund um die Zeilen „I’m no longer empty, girl / you made me feel so new“ zu werden. Das bezeichnend betitelte Sleeping On My Own ist zunächst ähnlich euphorisiert. Es geht darin um eine Begegnung, eine Geistesverwandtschaft und die Erkenntnis, dass diese andere Person ebenfalls die eigene Paranoia versteckt. Der Aussicht auf eine dauerhafte Verbindung steht aber schnell die Erwartung „it’s only going to break us in the end“ im Weg.

Das ist das Grundprinzip, auch diesmal wieder: Die elf Lieder auf Bunny sehnen sich nach Glück, hoffen darauf und erleben es auch manchmal. Aber immer ist es brüchig und flüchtig, nie von Dauer und nie so intensiv, dass es diese Grundstimmung verändern kann. Deshalb sind die Songs von Beach Fossils auch hier wieder gefällig, schön und sogar eingängig, aber niemals euphorisch.

Der Hase ist auch im Video zu Don’t Fade Away (gut versteckt) zu sehen.

Beach Fossils bei Bandcamp.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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