Blond, Werk 2, Leipzig

Blond Leipzig Konzert Werk 2
Clever und uneitel präsentieren sich Blond im Konzert. Foto: Check Your Head/Anja Jurleit

Drei Dinge über die heute in Leipzig zu Ende gehende Tour hatten mir Blond im Interview vor der Show verraten: Sie seien mit 16 Leuten unterwegs, die Fans würden jede Zeile mitsingen und sie hätten eigens jemanden in ihrer Entourage, der für die Bühnenoutfits zuständig ist.

Das klingt ziemlich großspurig für eine Band, die vor fünf Wochen ihr erstes Album veröffentlicht und noch nicht einmal einen eigenen Wikipedia-Eintrag hat. Die Crew-Größe halte ich für stark aufgerundet, die Textsicherheit des Publikums für womöglich übertrieben, den Stylisten-Hinweis vielleicht gar für glatt gelogen. Die Show im Werk 2 zeigt aber sehr schnell, dass Nina Kummer, Lotta Kummer und Johann Bonitz keineswegs übertrieben haben. Das Konzert ist schon seit Ewigkeiten ausverkauft, die Garderobe offenbart, dass sie das Matrjoschka-Prinzip äußerst erfolgreich auf Rockshows übertragen haben und die Stimmung ist schon vor dem ersten Lied so euphorisch, dass man vermuten muss, Blond hätten all ihre Freunde aus Chemnitz nach Leipzig verschifft.

Gleich beim ersten Lied Las Vegas Glamour gibt es ein Moshpit, auch danach bleibt nicht eine Sekunde lang ein Zweifel, dass man es heute mit einem besonderen Abend zu tun hat. Hier steht eine Band auf der Bühne, die für ihr Publikum nicht nur Entertainment liefert, sondern eine Bedeutung hat. Hier sind rund 400 Menschen im Saal, die sich seit vielen, vielen Tagen auf diesen Abend gefreut haben. Hier sind die Künstler stolz, dass sie eine Show in dieser Größenordnung auf die Beine stellen konnten, und die Fans sind stolz, dass sie Teil davon sind und durch ihre Begeisterung dazu beigetragen haben.

Bei Hit, dem zweiten Song des Abends, kommt erstmals der dreiköpfige Chor zum Einsatz, bei Kälberregen rund zehn Minuten später zwei Tänzer. Sie alle haben dann immer mal wieder ihren Auftritt, auch jenseits davon sorgen Blond dafür, dass man im Werk 2 viel mehr erleben kann als ein normales Irgendwie-Rockmusik-Konzert. Das Trio animiert die Fans zu einer gemeinsamen Aerobic-Einheit und behauptet halbwegs glaubwürdig, sie hätten in ihrer Heimatstadt einen Doktortitel in diesem Fach erworben (tatsächlich kann man an der TU Chemnitz „Gesundheits- und Fitnesssport“ studieren). Schlagzeugerin Lotta Kummer performt einen Zaubertrick und zum Schluss bietet die Band dem Publikum obendrein noch einen kostenlosen IQ-Test an. All das ist sagenhaft uneitel und zugleich clever, nicht zuletzt kann man feststellen: Einige der etwas schwächeren Songs im Repertoire, etwa Sanifair Millionär oder Autogen, machen im euphorisierten und extrem unterhaltsamen Live-Kontext deutlich mehr Sinn als auf Platte, auch Book als einzig verbliebenes Stück aus den Anfangstagen von Blond, in denen sie noch auf Englisch gesungen haben, integriert sich prächtig.

Dass Sängerin Nina Kummer anfangs darauf hinweist, man habe die Tür zum Werk 2 verschlossen und niemand komme mehr heraus, ist ebenso überflüssig wie die Korruptions-Angebote, die Blond vor dem Zugabenblock unterbreiten: Je mehr Präsentkörbe oder anderweitig erfreuliche Dinge die Zuschauer bereitstellen würden, desto höher sei die Chance, dass es noch ein paar zusätzliche Lieder geben werde.

Nach knapp 90 Minuten ist das Konzert vorüber, der Abend aber noch lange nicht. Als ich kurz vor 3 Uhr am Hotel Seeblick vorbei komme, wo Blond ihre Aftershowparty feiern, platzt der Laden aus allen Nähten, und es ist selbst im Vorbeigehen offenkundig, wie sehr Blond, ihre Mitstreiter und ihre Fans all das genießen, was da gerade rund um ihre Musik entsteht. Die drei wichtigsten Elemente dabei sind die, die man auch im Werk 2 schon im Übermaß erleben konnte: Spaß, Begeisterung und Identifikation.

Die komplette Setlist von Blond in Leipzig:

Las Vegas Glamour

Hit

Match

Kälberregen

Autogen

Sanifair Millionär

Es könnte grad nicht schöner sein

Since you’ve been gone (Kelly Clarkson Cover)

Book

Nah bei dir

Zugabe 1: Spinaci

Zugabe 2: Thorsten

Zugabe 3: I want it that way (Backstreet Boys Cover)

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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