Künstler | Camilla Sparksss | |
Album | Brutal Remix | |
Label | On The Camper | |
Erscheinungsjahr | 2020 | |
Bewertung |
Wie nähert man sich einem Remix-Album, wenn man die Vorlagen der Überarbeitungen gar nicht kennt? Das morgen erscheinende Brutal Remix landete, wie so viele Platten, ungefragt in meinem Briefkasten, von Camilla Sparksss hatte ich noch nie gehört. Eine kurze Recherche zeigt: Sie ist Schweiz-Kanadierin, heißt eigentlich Barbara Lehnhoff, ist Teil des Duos Peter Kernel und war solo mit Jon Spencer Blues Explosion auf Tour. Ihr zweites Album Brutal, das hier von 15 verschiedenen Künstlern weiterentwickelt wird, erschien im April 2019. Die Idee, sich ein Bild von ihr anhand der Fremdbearbeitungen ihrer Kunst zu machen, entwickelt auf Brutal Remix schnell ihren Reiz.
Die erste Erkenntnis: Camilla Sparksss ist international. Die Remixes kommen von Künstlern beispielsweise aus Frankreich, Portugal, Italien, Mexiko, den USA und der Schweiz. Die zweite Erkenntnis: Ihre Stimme ist ziemlich erstaunlich. In PsychoLover (Remix von Vadim Vernay) lautet die Warnung „Loving takes us to a dangerous place“, der geheimnisvolle Gesang wird dabei fast nur von einem (sehr einfallsreichen) Beat begleitet. So What (Remix von Bitter Moon) beginnt wie eine Techno-Ballade und entwickelt dann immer mehr Schwung und Charakter. In Womanized (überarbeitet von Rebekka Warrior) ist alles plakativ, nicht zuletzt ihr Gesang. Die dritte Erkenntnis: Die Ankündigung von Brutalität im Titel ist kein leeres Versprechen. Die Pianofigur in Womanized (Sonoplasta) wirkt fast eingeschüchtert von der mächtigen Bass Drum. Wie The Prodigy mit einer Sängerin hätten klingen können, lässt She’s A Dream (Tam Bor) erahnen. Walt Deathney changiert in der Interpretation von Kevin Shea zwischen hartem Techno, Kinderlied und HipHop-Extravaganz. Forget (Monte Mai) zeigt: Die Musik von Camilla Sparksss kann brachial sein und zugleich vielschichtig.
Fast immer erwächst die Kraft dieser Tracks aus dem Beat, was vor allem die instrumentalen Stücke unterstreichen wie Are You OK? (Texture Droite), Messing With You (Mike Mare von Dalek) oder She Is A Dream (IUEKE), das nahe an Industrial rückt. Auch mit Gesang kann der Beat mühelos alles dominieren, etwa in So What (Isolated Lines) oder im aufgewühlten Sorry, dem zweiten Beitrag von Vadim Vernay (er ist der einzige, der zwei Stücke zum Brutal Remix beisteuert). Toh Imago schieben So What in Richtung TripHop, Messing With You (Bit Turner) ist düster, langsam und wird durch den tiefen Bass zusätzlich bedrohlich. Der Anfang von So What (Xelius) könnte auch Elektropop aus der Achtziger-Hitparade sein, aber dann wird der Song immer abgründiger. Die beste Zusammenfassung liefert das Stück, das am Anfang der Platte steht, nämlich der Fakear-Remix von Are You OK? Er ist tanzbar, elegant und originell.
Die Originalversion von Womanized.
Website von Camilla Sparksss.