CocoRosie – „Put The Shine On“

Künstler CocoRosie

CocoRosie Put The Shine On Review Kritik
CocoRosie verfeinern auf „Put The Shine On“ ihr Konzept.
Album Put The Shine On
Label Marathon Artists
Erscheinungsjahr 2020
Bewertung

Ein paar Mal gelingt es. Da findet man halbwegs brauchbare Bezugspunkte für die Musik auf dem siebten Album von CocoRosie. Restless wäre vielleicht von Amy Winehouse vorstellbar, Aloha Friday entwickelt eine mystische Grazie in der Nähe von Björk. Ruby Red könnte man für ein Stück von K. Flay mit einem auf reizvolle Weise durcheinander geratenen Backing Track halten. So etwas wie Smash My Head könnte mit ganz viel Fantasie herauskommen, wenn Lena neuerdings Lust auf Avantgarde hätte.

So richtig passend ist aber keine dieser Zuschreibungen. Auch auf Put The Shine On gilt: Die Schwestern Sierra und Bianca Casady leben in ihrer ganz eigenen, selbst erschaffenen musikalischen Welt, deren Pole von HipHop bis Folk reichen, von Trap bis zu Elementen aus klassischer Musik. Ihr Sound kann betont elektronisch sein wie in Burning Down The House oder derangiert, untröstlich und nach einem uralten Schmerz klingend wie in Where Did All The Soldiers Go. Die Single Lamb And The Wolf ist abstrakt und zugleich kurzweilig, ein Stück wie Mercy wirkt vordergründig niedlich, dabei haben alle Elemente für sich betrachtet eine große Härte, einschließlich des Textes.

Die Vorliebe für das Kaputte und Düstere prägt die Musik von CocoRosie schon von Anfang an, ebenso wie die Spannung zwischen den beiden nicht nur stimmlich so unterschiedlichen Schwestern. Auf Put The Shine On erweitern sie dieses Rezept nicht so sehr, sondern verfeinern es eher. Der Auftakt High Road zeigt vielleicht besonders gut, wie diese Methode funktioniert: Ausgehend von einem fast sakralen Gesang baut das Lied immer mehr Spannung auf und integriert dabei unzählige interessante Versatzstücke, manche nur für wenige Sekunden. Dieser kreative Überfluss prägt auch die elf folgenden Stücke, etwa Hell’s Gate, das gar nicht so einfallsreich sein müsste, weil der extrem abwechslungsreiche Gesang schon für reichlich Dynamik sorgt. In Slow Down Sun Down klingt Bianca Casady fast wie die Erzählerin in einem Hörspiel. Auch auf einen Backing Track wie in Did Me Wrong zu ihrem Rap würde sonst wohl niemand kommen.

Letztlich unterstreicht all dies, wie müßig der Versuch ist, bei Put The Shine On noch Vergleiche zu ziehen. CocoRosie sind eigen – und einmalig.

Auch das Video zu Smash My Head zeigt eine Vorliebe für das Makabre.

Website von CocoRosie.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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