Da geht noch was

Film Da geht noch was

Da geht noch was Review Filmkritik
Jonas (Marius V. Haas) kann wegen seines Opas (Henry Hübchen) nicht in den Urlaub.
Produktionsland Deutschland
Jahr 2013
Spielzeit 101 Minuten
Regie Holger Haase
Hauptdarsteller Florian David Fitz, Henry Hübchen, Leslie Malton, Marius V. Haas, Thekla Reuten, Jamie Bick
Bewertung

Worum geht’s?

Conrad ist in den Werbespots das Gesicht seiner eigenen Firma, und auch sein echtes Leben scheint wie aus dem Bilderbuch zu sein: schöne Frau, aufgeweckter Sohn und ein anstehender Traumurlaub in der Sonne, bevor zügig nach der Rückkehr das neue Eigenheim in idyllischer Lage bezogen werden soll. Vorher steht noch der Pflichtbesuch bei seinen Eltern an, bei denen er eigentlich nur zu deren Geburtstagen vorbei schaut. Dort gibt es allerdings erschütternde Nachrichten: Seine Mutter Helene berichtet ihm, dass sie sich nach 40 Jahren Ehe von seinem Vater getrennt hat, weil sie ihn nicht mehr erträgt. Conrad hat zwar selbst kein sonderlich herzliches Verhhältnis zu seinem Papa, ist aber dennoch geschockt. Bevor er in den Flieger steigt, will er bei seinem alten Herrn deshalb wenigstens kurz nach dem Rechten sehen. Er findet den Vater, einen ehemaligen Gewerkschaftsboss, völlig verwahrlost und in Selbstmitleid versunken vor, dann kommt auch noch ein folgenschwerer Sturz dazu. Schnell ist klar: Conrad muss die Abreise vorerst verschieben und sich um ihn kümmern. Seine Frau, die schon in der Sonne auf die Familie wartet, ist davon ebenso wenig begeistert wie sein Sohn Jonas, der nun ebenfalls beim Opa bleiben muss. Die Männer-WG ist von Conrad kaum harmonisch zu organisieren, und auch Helene hat noch weitere dramatische Nachrichten für ihren Sohn.

Das sagt shitesite:

Wenn eine Ehe nach 40 Jahren zu Ende geht, ist das für das beteiligte Paar natürlich ein riesiger Einschnitt. Beinahe ebenso gravierend dürfte so eine Entscheidung – zumal, wenn sie unvermittelt kommt – aber für die Kinder des Paars sein. Während sich Braut und Bräutigam als Individuen erleben und natürlich auch an ihr Leben vor ihrer Heirat erinnern, gilt das für die Kinder nicht. Sie haben die Eltern immer nur als Einheit wahrgenommen, und zwar ihr ganzes Leben lang. Dass Holger Haase, der hier sein Regiedebüt abliefert, eine ähnliche Situation selbst erlebt hat, trägt vielleicht dazu bei, dass er den Figuren in Da geht noch was mit so viel Einfühlungsvermögen begegnet und seine Geschichte so liebevoll erzählt.

Natürlich wird das Werk insgesamt vorhersehbar, bewahrt sich aber einen Rest von Spannung und auch einige Überraschungsmomente. Zu den Pluspunkten gehören viele alltägliche Szenen, die sich auch auf weniger gut situierte Familien übertragen lassen. Vor allem aber lebt Da geht noch was von der grandiosen Performance, die Henry Hübchen abliefert. Wenn er in Big-Lebowski-Bademantel und umgeben von Bierdosen und Pizzaschachteln wie in einer Junggesellenbude grummelt, trägt er den Film fast alleine und sorgt zugleich dafür, dass das Ergebnis nicht zu zahm und gefällig wird. Als Patriarch, der mit der Frau auch den Halt verloren hat, und durchtriebener Stinkstiefel ist er spektakulär amüsant und entwickelt auch eine erstaunlich gute Chemie mit Florian David Fitz.

Deutlich schwächer und leider wenig eigenständig sind die Frauenfiguren, nämlich letztlich bloß Reflexionsflächen. Das gilt selbst für Helene, die mit ihrer Entscheidung zur Trennung die ganze Dynamik des Geschehens ja erst in Gang gesetzt hatte. Letztlich ist Da geht noch was trotz des Labels als Komödie für die ganze Familie deshalb ein sehr maskulin geprägter Film. Er blickt auf drei männliche Generationen, die sich mit alten Wunden und neuen Vorwürfen herumschlagen müssen. Die Gemeinsamkeit zwischen Jonas, Conrad und Carl wird schnell klar: Jeder von ihnen würde sich, könnte er wählen, wohl einen anderen Vater (und vielleicht auch einen anderen Sohn) wünschen, doch sie alle sind aneinander gebunden und aufeinander angewiesen. Das ist letztlich die, natürlich auch nicht ganz unerwartete, Botschaft des Films: Es lohnt sich, einen Neuanfang zu wagen und sich gegenseitig eine zweite Chance zu geben. Egal, wie spät im Leben.

Bestes Zitat:

„Man kann sich seine Familie nicht aussuchen.“

Der Trailer zum Film.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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