Film | Das Schweigen der Lämmer | |
Produktionsland | USA | |
Jahr | 1991 | |
Spielzeit | 118 Minuten | |
Regie | Jonathan Demme | |
Hauptdarsteller | Jodie Foster, Anthony Hopkins, Scott Glenn, Ted Levine, Chris Isaak | |
Bewertung |
Worum geht’s?
Eine Mordserie beschäftigt das FBI: Ein von den Medien „Buffalo Bill“ genannter Serientäter tötet Frauen und schneidet ihnen stets ein Stück Haut heraus. Weil es keine Fortschritte bei der Suche nach dem Killer gibt, wollen die Ermittler den seit acht Jahren unter strengsten Sicherheitsauflagen inhaftierten Serienmörder Hannibal Lecter befragen. Erstens gibt es ein paar Ähnlichkeiten zwischen den aktuellen Morden und seinen eigenen Verbrechen, zweitens ist er ein erfahrener Psychiater, der – basierend auf seiner Fachkenntnis und seiner eigenen kriminellen Vorgeschichte – womöglich ein Profil von „Buffalo Bill“ erstellen könnte. Doch Lecter verweigert jede Zusammenarbeit, bis die Kriminologin und Verhaltensforscherin Clarice Starling das Gespräch mit ihm sucht, die beim FBI noch in der Ausbildung als Agentin ist. Sie schafft es, einen Draht zu ihm aufzubauen und ihm Hinweise zu entlocken, die bei den Ermittlungen tatsächlich weiterhelfen. Im Gegenzug verlangt Hannibal Lecter private Informationen von ihr, um sie besser kennenzulernen – und natürlich zu manipulieren. Dass die Strafverfolgungsbehörden jetzt auf ihn angewiesen sind, will er nutzen, um seine eigene Situation so maximal wie möglich zu verbessern.
Das sagt shitesite:
Auch wenn Anthony Hopkins es geschafft hat, diese Rolle quasi zum Inbegriff des psychopathischen Bösen zu machen, ist die Rolle von Jodie Foster (wie ihr männliches Pendant dafür mit dem Oscar ausgezeichnet) für die Funktionsweise dieses Films noch viel wichtiger. Denn er ist es, der Grauen ausstrahlt und versucht, das mit Eloquenz zu übertünchen. Sie ist es aber, die Angst hat und versucht, sie zu bekämpfen. Und Das Schweigen der Lämmer ist ein Film über die Angst. Genauer gesagt: über die Irrationalität der Angst, über unser Wissen um diese Irrationalität und über die Unmöglichkeit, trotz dieses Wissens die Angst ablegen zu können.
Eine der vielen Szenen des Films, die seitdem prototypisch für Thriller geworden sind, ist ein gutes Beispiel dafür: Da steht eine junge Frau, ausbgebildet in Kampfsport, Selbstverteidigung und der Handhabung von Schusswaffen, vor einer dicken Scheibe. Hinter der Scheibe ist ein alter Mann in blauer Häftlingskleidung, eingesperrt, von Kameras und Sicherheitsleuten überwacht, später auch gefesselt und geknebelt. Warum sollte diese Frau vor diesem Mann in dieser Situation Angst haben? Mehr noch: Warum sollte sich der Zuschauer im Kino, der diese Szene beobachtet, vor diesem Mann fürchten? Es ist zum einen das Wissen um die Möglichkeit: Clarice Starling weiß, dass hier ein Serienkiller vor ihr sitzt, der Menschen verspeist hat. So kultiviert er sich im Gespräch auch zeigt, so weit hat er sich mit seinen Taten jenseits der Vorstellungen unserer Zivilisation begeben. Es ist unsere Fantasie, die bei der Begegnung mit solch einem Monster für Gänsehaut sorgt. Und zu dieser Fantasie gehört eben totz allen Ekels auch die Fähigkeit, sich die Taten sehr konkret vorstellen zu können. In unserem Kopf werden wir zu Beteiligten des Tabubruchs, vielleicht nicht zu Tätern und Komplizen, aber zumindest zu Zeugen. Zum anderen spricht eine Biographie wie die von Hannibal Lecter selbst für die Macht der Irrationalität. Er vereinte ein bürgerliches Leben als angesehener Akademiker mit brutalen, abscheulichen Verbrechen, für die es keine rationale Erklärung zu geben scheint. Sie zeigen, wie brüchig die Normalität ist, und wie machtvoll das Irrationale sein kann.
Äußerst gekonnt entwickelt Das Schweigen der Lämmer die Erkenntnis, dass natürlich auch die Grausamkeiten von Buffalo Bill aus der Angst erwachsen, nämlich aus seiner ganz persönlichen. Jeder Mensch ist „in seiner eigenen Falle gefangen“, wie es an einer Stelle im Film heißt. Die dieser Ohnmacht besteht das heimliche Band zwischen Tätern und Ermittlern, das sich keine der beiden Seiten eingestehen würde. Starling ist eine junge Frau, die sich behaupten muss, nicht nur gegen die Männer, die ihr (das gilt auch für Hannibal Lecter) immer wieder mit Herablassung begegnen, sondern auch gegen das Kindheitstrauma, dessen Geschichte ihr der perfide Psychiater in den Gesprächen entlockt, die zwischen Flirt, Weiterbildung und Duell changieren. Wie harmlos das auslösende Erlebnis ihres Traumas bei genauerer Betrachtung ist, wie gravierend es dennoch das Leben der jungen Frau beeinflusst, ist ein weiterer Beleg für die Wirkungsmacht des Irrationalen. Auch die Eitelkeiten, Rivalitäten und Hahnenkämpfe innerhalb der Ermittlungsbehörden kann man mühelos dieser Kategorie zuordnen.
Die größte Stärke von Das Schweigen der Lämmer ist, dass der Film diese Angst fast durchweg unter der Oberfläche lässt. Er lebt von Atmosphäre statt Schockmomenten – und ist damit in seiner Wirkung genauso intelligent und erbarmungslos wie Hannibal Lecter.
Bestes Zitat:
„Es gibt keinen Namen für das, was er ist.“