Der Assistent Albumkritik

Der Assistent – „Der Assistent“

Künstler*in Der Assistent

Der Assistent Review Kritik
Tom Hessler (Fotos) hat ein weiteres Nebenprojekt.
Album Der Assistent
Label Papercup Records
Erscheinungsjahr 2023
Bewertung

Assistenten sind in dieser Zeit ja schwer beliebt. Sie heißen Siri oder Alexa, sie parken dein Auto ein und machen als Textgenerator, der auf künstlicher Intelligenz basiert, neuerdings sogar deine Hausaufgaben. Tom Hessler, der sein neustes Soloprojekt und das dazugehörige Debütalbum Der Assistent nennt, hat dabei aber vielleicht eine andere Bedeutung im Sinn: Denn auch Musik assistiert uns durch das Leben, sie tröstet und putscht auf, sie weckt Erinnerungen und lässt Freundschaften entstehen. Sie ist ein steter Begleiter, der uns hilft, mit der Welt klarzukommen.

Das gilt für uns als Publikum, es gilt sehr offenkundig aber auch für Tom Hessler selbst. Er ist natürlich ebenso Hörer von Musik wie wir alle, aber auch als Erschaffer von Musik ist das bei ihm spürbar: Lieder zu schreiben ist eine Methode, das Leben zu bewältigen. Das gilt bei seiner Band Fotos, die 2021 ihr fünftes Studioalbum veröffentlicht hat. Es gilt auch bei seinem seit 2016 gelegentlich aktivierten elektronischen Nebenprojekt Conga Fever.

Dass er sich nun mit Der Assistent eine weitere musikalische Spielwiese schafft (das Album ist selbst produziert und erscheint heute auf Papercup Records, nachdem die ersten beiden Singles Neue Lunge und Einsamkeit noch auf Staatsakt veröffentlicht wurden und hier wohl auch deshalb nicht enthalten sind), könnte zunächst nach ein bisschen viel kreativer Eitelkeit aussehen. Das Werk kommt auf nicht einmal eine halbe Stunde Spielzeit und erreicht dabei selten ein Level, in dem man das Gefühl hat, diese Musik hätte zwingend mit der Welt geteilt werden müssen. Der Sound setzt im Vergleich zu seinem restlichen Schaffen einen deutlichen Schwerpunkt auf Dub und bedient die klassischen Zutaten dieses Genres dabei so konsequent, dass es ein wenig wirkt, als hätte man Chat GPT den Auftrag gegeben: Komponiere Musik, die wie ein extrem entspannter Nachmittag von King Tubby und Adrian Sherwood klingt.

Schnell wird aber klar: Die Dub-Idee passt sehr gut zu seinen Texten, auch etliche der Songs, die er für Fotos geschrieben hat, könnte man sich in diesem Klanggewand vorstellen. „Ich schick Signale / ins digitale Nirvana / eine Botschaft / die Trost schafft“, singt er im Auftakt Signale, der auch ein Saxofonsolo zu bieten hat. An anderen Stellen erklingt eine Flöte wie im instrumentalen Titelmelodie (das ist in der Tat der perfekte Name für diesen Track) oder es ist Meeresrauschen im Hintergrund zu hören wie in Das süße Leben, das betäubend und auch etwas unheimlich daherkommt.

Ansonsten gibt es das, was im Dub eben dazugehört, mal mit etwas mehr Fokus auf der Orgel (wie in Das Objekt, das natürlich eines „deiner Begierde“ wird), mal etwas schwungvoller wie in Domino (das wohl als Metapher für das Beziehungsleben zu verstehen ist), mal mit dominanterem Beat wie in Schwalben mit seinem fast impressionistischen Text, mal mit mehr Bass wie in W, das ausgehend von der Zeile „Ich tat mir selber weh“ eine Erinnerung an Achtsamkeit und Entschleunigung wird, die wunderbar zu diesem Sound passt.

Das Video zu Domino ist eher realistisch als impressionistisch.

Tom Hessler bei Instagram.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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