Fast 200 PS in einen Opel Corsa zu packen, macht ungefähr so viel Sinn wie ein Smart mit Anhängerkupplung, ein Ferrari mit Tempomat oder ein Chrysler Voyager mit Sportfahrwerk. Aber „Sinn“ ist schon in der Philosophie ein nicht ganz unumstrittenes Konstrukt. Und in der Automobilbranche ein völlig obsoleter Begriff.
Und das Aufpeppen von Opels Kleinstem, der auch in der neuesten Generation bereits eine halbe Million Mal verkauft wurde, erscheint plötzlich völlig logisch, wenn man am Steuer sitzt. Das im Vergleich zum normalen Corsa um 15 Millimeter tiefer gelegte und auf dem Nürburgring abgestimmte Fahrwerk überzeugt als Kompromiss zwischen dem notwendigen Maß an Komfort und dem wünschenswert großem Spielraum für Sportlichkeit.
Lenkung und Sechs-Gang-Getriebe tragen ebenfalls ihren Teil zu einem Fahrgefühl bei, das der Definition von Agilität und Dynamik sehr nahe kommt. „Links halten“, sagt das Navigationssystem zwar nur gelegentlich, doch in diesem Auto scheint das zum Motto zu werden. Neben 192 PS trägt dazu auch das Drehmoment bei, das durch die Overboost-Technologie auf bis zu 266 Newtonmeter gesteigert wird. Bei Vollgas zerrt die Kraft der Maschine spürbar und sorgt so für einen hohen Adrenalin-Pegel beim Piloten. Auch Zwischensprints werden so zur Freude: Nicht einmal sieben Sekunden braucht man, um ohne zu schalten von 80 auf 120 km/h zu beschleunigen. Das macht den Corsa OPC zum Räuber der Landstraße, auch zum idealen Drängler-Auto.
Die neu entwickelten Recaro-Sportsitze sind schlicht famos, die Materialien makellos, der Sound gelungen. Auch die Optik macht den Corsa OPC zu dem Auto, von dem die Playstation-Generation geträumt haben muss: Markante Front- und Heckschürzen, Dachspoiler, ein an ein Flugzeug-Cockpit erinnerndes (und zunächst entsprechend unübersichtliches) Armaturenbrett und als Krönung das sagenhafte, mittig angebrachte dreieckige Auspuff-Endrohr vereinen die Gefährlichkeit von Rennsport mit spielerischen Elementen.
Allerdings fragt sich, wie die angestrebte junge Zielgruppe für dieses Auto gewonnen werden soll. Dem steht nicht nur ein Anschaffungspreis von 22.700 Euro im Wege. Auch die Versicherung stuft derlei Discotod-Autos gerne sehr hoch ein. Und nicht zuletzt dürfte die Unterhaltung auch durch den Verbrauch reichlich kostspielig werden. Hier schlägt neben dem Turbo auch die extrem kurze Übersetzung zu Buche, die den OPC auf der Autobahn praktisch nur im Bereich jenseits von 4500 Touren unterwegs sein lässt.
Mit Bleifuß-Mentalität zeigt der Bordcomputer dann mitunter schon einmal einen Momentan-Verbrauch von über 30 Liter Super Plus an. Man kann sich aussuchen, ob man dann ein schlechtes Gewissen bekommt, weil man gerade 721 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer in die Luft pustet, oder ob man lieber unruhig wird, weil jeder gefahrene Kilometer dann 46 Cent allein für den Sprit kostet. Zudem ist das Schluckspecht-Manko auch unpraktisch. Bei zügiger Fahrt beträt die Reichweite im Schnitt nur knapp über 400 Kilometer, das reicht gerade, um vom Opel-Stammsitz Rüsselsheim ins Werk Eisenach, wo der Corsa hergestellt wird, und zurück zu kommen.
Das einzig erfreuliche an den sonst üppigen Werten: Die Verbrauchsdifferenz zwischen behutsamer und sportlicher Fahrt ist nicht halb so groß wie der Unterschied an Fahrspaß, der hier zwischen defensiver und offensiver Fahrweise geboten wird. Die Entscheidung, ob man lieber sportlich unterwegs ist und 11 Liter verbraucht oder behutsam reist und dann immer noch auf 9 Liter kommt, dürfte nicht allzu schwer fallen. Denn wer ein Freund des sanften Gasfußes ist, wird ohnehin keinen Corsa OPC fahren. Das macht schlicht keinen Sinn.