Es ist eine tolle Pointe. Man weiß, dass man gerade eine Serie schaut, die von Steven Spielberg und Tom Hanks produziert wird – die beiden wichtigsten Figuren im modernen Weltkriegs-Klassiker Der Soldat James Ryan. Und dann ist da wieder eine Gruppe US-Soldaten, eingepfercht in einem Landungsboot, aufgepeitscht in der Ausbildung und doch mit weichen Knien vor dem allerersten Einsatz. Bedrohlich langsam öffnet sich auch hier die Luke, um die jungen Männer hinaus in den Krieg zu spucken. Doch wo in Der Soldat James Ryan die Apokalypse in einer der packendsten Sequenzen der Filmgeschichte losbrach, sehen die Soldaten hier: bloß ein paar Kameraden, die friedlich am Strand dösen.
Es ist ein durchaus bezeichnender Moment für The Pacific, die US-Erfolgsserie, die morgen in Deutschland anläuft und immer donnerstags bei Kabel Eins zu sehen sein wird. Denn ähnlich wie bei James Ryan hat Spielberg auch hier eine große amerikanische Heldengeschichte produziert. Doch im Gegensatz zum Kino-Erfolg aus dem Jahr 1999 richtet die TV-Serie den Blick eher nach innen.
Und natürlich geht es diesmal nicht um den D-Day. „Hitler ist nicht unser Job“, lernen die Soldaten gleich in der ersten Folge. Stattdessen wird Asien zum Schauplatz von The Pacific: Die 10-teilige Serie begleitet die drei US-Marines Robert Leckie (James Badge Dale), John Basilone (John Seda) und Eugene Sledge (Joe Mazzello, der erst in der fünften Folge an die Front kommt) bei ihren Kämpfen auf verschiedenen Pazifik-Inseln, beginnend nach dem Angriff auf Pearl Harbor.
Alle drei Personen sind real, teilweise beruht die Handlung auf deren Memoiren, gelegentlich wurde aber von den echten Erlebnissen der Veteranen abgewichen, um auch wichtige historische Schlachten in der Handlung zu berücksichtigen.
Die Weltgeschichte mitzuverfolgen ist aber nicht das Anliegen von The Pacific. Stattdessen richten die Macher um Drehbuchautor und Co-Produzent Bruce McKenna, der schon das ganz ähnliche Format Band Of Brothers – Wir waren wie Brüder erdacht hatte, einen sehr scharfen, manchmal schonungslosen Blick aufs Soldatenleben. Es gibt makabre Scherze, Briefe an die Lieben in der Heimat und Schützengrabenromantik, die inn ihren klassischen Topoi zum Teil gar an Im Westen nichts Neues denken lässt.
Es gibt schlechtes Essen und noch schlechteren Fusel, und auch genau die Figuren, die man aus solchen Produktionen kennt: den Poet, den Angeber, den Trunkenbold und den Denker, der durch ständige Heldentaten zum Anführer wider Willen wird.
Trotzdem ist The Pacific weit mehr als ein weiteres Historienepos voller Klischees. Gerade, weil sich die Macher zehn Folgen à 45 Minuten lang Zeit nehmen können, gelingt es, authentische und beeindruckende Figuren zu zeichnen. Das typisch-amerikanische Pathos wird zudem durch den geschickten Kniff abgefedert, dass man in den spektakulär inszenierten, teils erschütternden Actionszenen quasi nie weiß (und kaum sieht), auf wen da geschossen und gegen wen da gekämpft wird. Zum wahren Feind wird so mehr und mehr der Dschungel selbst, die Dunkelheit – und die Frage der Truppe, welchen Sinn ihr Einsatz überhaupt hat.
Dass es hier (anders als für die Kämpfer in der Normandie) eben kein Ziel wie Berlin gab, sondern die Soldaten von einer exotischen Insel, deren Namen sie nie zuvor gehört haben, zur nächsten hüpfen (und zwischendurch in ebenso beeindruckenden Folgen an der Heimatfront kämpfen), macht umso erstaunlicher, welchen Strapazen sich die Männer damals ausgesetzt haben. Am Ende steht ein mitreißender, oft erschütternder Blick auf den Krieg, der hier so absolut ist, dass man kaum fassen kann, dass überhaupt jemand diese Hölle überleben konnte.
Nicht zuletzt hat The Pacific auch eine aktuelle Komponente: Von seiner Entstehung und Strategie her weist der Krieg im Pazifik durchaus Parallelen zu den aktellen Kämpfen in Afghanistan auf. The Pacific zeigt auch, dass die Männer, die diesen Krieg geführt haben, die an der Front getrieben von Hass, Propaganda und Rassismus weit über die Grenzen des Menschlichen hinausgegangen sind, später irgendwie die Rückkehr ins normale Leben geschafft haben. Am Ende all des Terrors ist das ein kleiner Hoffnungsschimmer.
Der Trailer zu The Pacific:
httpv://www.youtube.com/watch?v=e99B80crU3E