Film | Der Unsichtbare | |
Produktionsland | USA, Australien | |
Jahr | 2020 | |
Spielzeit | 124 Minuten | |
Regie | Leigh Whannell | |
Hauptdarsteller*innen | Elisabeth Moss, Oliver Jackson-Cohen, Aldis Hodge, Storm Reid | |
Bewertung |
Worum geht’s?
Cecilia muss raus. Sie kann keinen anderen Gedanken mehr fassen, denn sie wird von ihrem Ehemann Adrian tyrannisiert, der jedes Detail in ihrem Leben kontrollieren will und dabei weder vor ausgefeilter Kameratechnik noch vor körperlicher Gewalt zurückschreckt. Es braucht einen ausgeklügelten Plan, um sich nachts aus dem gemeinsamen Haus schleichen und ins Auto ihrer Schwester retten zu können. Cecilia schafft es gerade so und kommt bei einem Freund ihrer Schwester unter, der Polizist ist. Sicher fühlt sie sich aber auch dort nicht – selbst dann nicht, als sie zwei Wochen nach ihrer Flucht erfährt, dass Adrian, ein Optikforscher und erfolgreicher Unternehmer, Selbstmord begangen hat, womöglich weil er sich eingestehen musste, dass sie nicht zu ihm zurückkommen wird. Cecilia erhält ein Millionenerbe von ihm, kann ihre Freiheit aber weiterhin nicht genießen. Sie fühlt sich nach wie vor von Adrian verfolgt und findet immer mehr Hinweise darauf in ihrem neuen Zuhause: Dinge tauchen aus dem Nichts auf, Mails werden verschickt, die sie nie geschrieben hat, Gegenstände bewegen sich wie von Geisterhand. „Er ist nicht tot. Ich kann ihn nur nicht sehen“, lautet ihre Erklärung dafür – doch wie soll sie sich gegen einen nicht sichtbaren Peiniger wehren, den alle anderen für tot halten?
Das sagt shitesite:
Die Romanvorlage zu Der Unsichtbare von H.G. Wells war 1993 schon einmal verfilmt worden. Die aktuelle Umsetzung von Regisseur und Drehbuchautor Leigh Whannell ist deutlich besser und einer der seltenen Glücksfälle, in denen moderne Tricktechnik nicht zum Protzen oder Ablenken von erzählerischen oder schauspielerischen Schwächen genutzt wird, sondern tatsächlich zur Stärkung der Story. Immer wieder kann man hier eine vordergründige Diskrepanz erleben, die für nichts weniger als intelligenten Nervenkitzel sorgt: Die Kamera zeigt leere Räume oder leere Straßen, die kaum harmloser oder banaler sein könnten. Durch den Blickwinkel, den Schnitt und die Musik wird dabei aber enorme Spannung erzeugt. Denn man muss damit rechnen, dass hier aus dem sprichwörtlichen Nichts eine brutale Attacke erfolgt.
Dass dies so gut gelingt, liegt zu einem guten Teil an Elisabeth Moss. Sie schafft es, sowohl die Zweifel an ihrer eigenen Zurechnungsfähigkeit rüberzubringen als auch eine enorme Entschlossenheit im Kampf gegen die unsichtbare Bedrohung, die dazu nur scheinbar im Widerspruch steht. Ein Highlight sind die Actionszenen, in denen sie angreift und sich wehrt, wobei ihre körperliche Präsenz umso beeindruckender ist, wenn man bedenkt, dass sie bei den Dreharbeiten kein sichtbares Gegenüber hatte, das sie hier attackiert oder gegen das sie ankämpfen könnte. Es sind zugleich diese Szenen, in denen sie wie eine Furie mit einem Küchenmesser ins Nichts stochert, in denen die größte Stärke von Der Unsichtbare deutlich wird: Der Film findet einen klugen Blick auf die Ungleichheit der Machtverhältnisse zwischen Mann und Frau und wird so ein sehr moderner Thriller mit einer wichtigen zweiten Ebene. Adrian ist von der ersten Szene an der Soziopath in dieser Geschichte, doch Cecilia erscheint mit jeder Minute mehr als die Wahnsinnige. In ihrer Isolation findet sie kaum Verständnis für ihre Angst, und selbst das vermeintlich befreiende Geld nutzt ihr Ex-Mann noch, um ihr über Klauseln im Testament weiterhin Fesseln anzulegen.
Bis auf ein paar Logikmängel entsteht so eine sehr reizvolle Spuk-Geschichte, die Horrorelemente ebenso nutzt wie die tiefe Verzweiflung, die Elisabeth Moss schon in The Handmaid’s Tale so grandios gespielt hat. Wer kluge, originelle Thriller mag, sollte Der Unsichtbare unbedingt, ähm, gesehen haben.
Bestes Zitat:
„Er hatte immer alles unter Kontrolle. Auch mich.“
Der Trailer zum Film.