Autor | Clemens Meyer |
Titel | Die Nacht, die Lichter |
Verlag | S. Fischer |
Erscheinungsjahr | 2008 |
Bewertung | **** |
Als er 18 war, hat sich Clemens Meyer eine Eidechse tätowieren lassen. Es war das erste Tattoo des Autors, der gerade den Preis der Leipziger Buchmesse bekommen hat. Und bezeichnend: Denn wie der Schwanz einer Eidechse sollten auch seine Texte funktionieren, hat er jüngst in einem Interview gesagt: Schlägt man sie entzwei, leben die einzelnen Teile weiter.
Dass der Leipziger seinem in jeder Hinsicht enormen Debütroman „Als wir träumten“ nun einen Band mit Stories folgen lässt, macht also keinen großen Unterschied. Die Haltung ist lakonisch, die Sprache so unaffektiert wie der Autor selbst. Auch hier sind die Sätze kurz, Artikel fehlen manchmal ganz („hast auch bisschen glück gehabt“).
Seine Protagonisten haben viel eingesteckt in ihrem Leben, und manchmal auch ausgeteilt. Doch die Geschichten von Meyer, der selbst vorbestraft ist, sind kein „Unterschichten-Kasperltheater“, wie die Jury beim Ingeborg-Bachmann-Preis wähnte. Dieses Leben zwischen Hartz IV und Kleinkriminalität ist nicht die Gosse, von der man am besten den Blick abwendet, sondern kraftvolle, brennende, ehrliche Literatur mitten aus der deutschen Realität.
Meyer ist keineswegs bloß ein guter Milieukenner, sondern ein guter Menschenkenner. Er ist kein Intellektueller, aber ein Intelligenter. Und er weiß: Die Sehnsucht nach der Reise zum Meer, der Traum vom eigenen Fitness-Studio, der Wunsch, die Operation für den geliebten Hund bezahlen zu können, sind einfach. Aber deshalb nicht klein.
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