Die Känguru-Chroniken Review Kritik

Die Känguru-Chroniken

Film Die Känguru-Chroniken

Die Känguru-Chroniken Review Kritik
Ein Känguru (Volker Zack) nistet sich bei Marc-Uwe (Dimitrij Schaad) ein.
Produktionsland Deutschland
Jahr 2020
Spielzeit 92 Minuten
Regie Dani Levy
Hauptdarsteller*innen Volker Zack, Marc-Uwe Kling, Dimitrij Schaad, Rosalie Thomass, Henry Hübchen, Bettina Lamprecht
Bewertung

Worum geht’s?

Marc-Uwe ist ein mittelmäßig erfolgreicher und ziemlich verpeilter Kleinkünstler (diese Bezeichnung weist er natürlich energisch von sich) in Berlin-Kreuzberg. Sein Alltag mit wenig Stress, viel Zeit für Schwärmereien, die auf seine Nachbarin Maria gerichtet sind, und noch mehr Freiraum zum Fabulieren und Schwadronieren über all die Missstände der Zeit wird erheblich gestört, als plötzlich ein Känguru vor seiner Tür steht und gegen seinen Willen bei ihm einzieht. Das Tier stellt sich als überzeugter Kommunist vor, hatte bisher die Wohnung gegenüber besetzt und braucht jetzt eine neue Bleibe, weil es von der Polizei gesucht wird. Es entpuppt sich schnell als sagenhaft nervtötend („Sorry, ich habe verwechselt, was ich sagen und denken wollte“, ist eines seiner typischen Sätze) erweist sich aber auch als hilfreich, als Marc-Uwe noch mehr Probleme bekommt. Das Haus, in dem er wohnt, soll nämlich mit mehreren weiteren Gebäuden der Gegend abgerissen werden für ein Neubauprojekt, hinter dem der prominente Rechtspopulist Jörg Dwigs steckt. Gemeinsam mit dem Känguru und Leuten aus der Nachbarschaft entsteht ein Plan, wie man den Kiez retten kann. Auch Maria ist dabei. Bald zeigt sich, dass der Widerstand auch körperliche Gewalt erfordern wird – und dass die Pläne von Dwigs noch viel gefährlicher sind, als es zunächst den Anschein hatte.

Das sagt shitesite:

Nach dem sagenhaften Erfolg der Känguru-Idee als Textsammlung, in Hörbüchern und später auch als Gesellschaftsspiel ist die Verfilmung von Dani Levy unverkennbar nicht darauf ausgerichtet, neue Zielgruppen für die Reihe zu erschließen, sondern die bisherigen Fans ins Kino zu locken und glücklich zu machen. Diese Fans werden durchaus ein paar Sorgen gehabt haben: Das Spiel mit Sprache, Selbstironie und verschiedenen Ebenen ist nicht ganz einfach auf die Leinwand zu bringen. Auch die schiere Existenz eines sprechenden Kängurus in einem Realfilm stellt keine kleine Herausforderung dar. Schon nach den ersten Sekunden von Die Känguru-Chroniken ist allerdings klar, dass diese Verfilmung gelingen wird. Der hoch originelle Beginn macht großen Spaß und trifft genau den Ton, auf den die Freunde dieses Formats hatten hoffen dürfen.

Zu den Stärken dieser Adaption gehört auch, dass die Existenz dieses tierischen Mitbewohners von keiner einzigen Figur im Film hinterfragt wird und auch niemand einen Versuch unternimmt, diese zu plausibilisieren. Das Känguru ist einfach da, es spricht halt und hat eben sehr spezielle Ansichten und Manieren. Es wird zum Hebel, mit dem sich scharfe Satire ebenso integrieren lässt wie alberner Slapstick, wunderbarer Sprachwitz und vor allem ein anarchisch-absurder Humor, für den man gerne Helge Schneider als Vorbild betrachten kann (auch wenn der dabei nie so explizit politisch geworden ist).

Als großer Pluspunkt erweist sich die sehr geradlinige Story, die erstaunliche Ähnlichkeiten zur Handlung von Werner – Volles Rooäää!!! hat. Die Geschichte ist zwar denkbar schlicht (und baut auch noch eine sehr konventionelle RomCom-Komponente ein), genau das schafft aber den notwendigen Rahmen für den oft etwas chaotischen und selbstreferenziellen Humor Marc-Uwe Klings, dem innerhalb dieses Plots zugleich ausreichend Freiraum bleibt. Dass (und wie) all dies verfilmt wird, kommentiert der Känguru-Macher dabei selbst aus dem Off, nicht weniger kritisch und besserwisserisch als seine tierische Titelfigur.

Neben einigen bereits bekannten Gags zeigt Die Känguru-Chroniken dann noch eine Parallele zu den Vorlagen: Die Komödie ist unterm Strich längst nicht so radikal, wie sie sich gibt, und sogar ein bisschen arg harmlos und selbstgefällig angesichts der Tatsache, dass hier nicht anderes als eine politische Verschwörung und die reale Gefahr eines Rechtsrucks thematisiert werden. Aber das haben diese Art von Satire und ihr Publikum ja ohnehin an sich: Man ist stolz, dass man zu den Guten gehört und dass man den Witz verstanden hat – und kann dann mit beruhigtem Gewissen nach Hause gehen, ohne dass sich an den tatsächlichen Verhältnissen irgendetwas verbessert hätte.

Bestes Zitat:

„Ein Idiot in Uniform ist immer noch ein Idiot.“

Der Trailer zum Film.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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