Film | Das Meer am Morgen | |
Produktionsland | Frankreich/Deutschland | |
Jahr | 2011 | |
Spielzeit | 90 Minuten | |
Regie | Volker Schlöndorff | |
Hauptdarsteller*innen | Léo Paul Salmain, Marc Barbé, Ulrich Matthes | |
Bewertung |
Worum geht’s?
Frankreich 1941: Unter deutscher Besatzung sind viele französische Kommunisten im Widerstand. Als Zeichen des Kampfs gegen die Nazis erschießen zwei Mitglieder der jungen Brigaden in Nantes auf offener Straße einen deutschen Offizier und fliehen dann. Als Vergeltungsmaßnahme fordert das NS-Regime, dass 150 Franzosen hingerichtet werden, die als politische Häftlinge interniert sind. Berlin verlangt eine Namensliste mit den Todeskandidaten. Die deutschen Verantwortlichen in Paris suchen einen Weg, um die Aktion zu verhindern, weil sie auf die Kollaboration der Franzosen angewiesen sind und befürchten, ein solches Blutbad könne zu einem Aufstand der Bevölkerung gegen die Deutschen führen. Noch quälender ist die Aufgabe für die französischen Offiziellen im Lager Chateaubriand.
Das sagt shitesite:
Das Szenario von Das Meer am Morgen wäre bedrückend genug, wenn es nicht auf wahren Begebenheiten beruhen würde. Dass die Personen wirklich gelebt und sich die Ereignisse so zugetragen haben, dass selbst der Wortlaut vieler Dokumente, auf denen der Stoff basiert, bekannt ist, verleiht dem Film aber noch eine besondere Wirkung.
Regisseur Volker Schlöndorff geht hier zwar auch auf die Erfahrungen von Ernst Jünger in Paris ein und deutet die Strukturen der französischen Widerstandsbewegung und die politischen Folgen der Ereignisse zumindest an. Dass er sich aber weitgehend auf die beinahe dokumentarische Nachzeichnung konzentriert, wird eine Stärke von Das Meer am Morgen. Gerade die detaillierte Wiedergabe des Ablaufs zeigt, wie sehr das Massaker von den Auftraggebern in Berlin als schnöde Verwaltungshandlung behandelt wurde. Gerade die strenge Chronologie verdeutlicht, wie sich die Situation zuspitzt und auf die scheinbar unausweichliche Hinrichtung zusteuert, die am Ende ebenfalls quälend genau gezeigt wird.
So schockierend und rührend wird Das Meer am Morgen auch, weil der Krieg hier scheinbar weit weg ist. Die deutschen Besatzer genießen (und lobpreisen) französische Lebensart in Paris, selbst die Haftbedingungen im Internierungslager wirken beinahe entspannt im Vergleich zum Grauen, das sich gleichzeitig an der Ostfront oder in den Konzentrationslagern abspielt. Doch auch, wenn sie kaum präsent erscheint, regiert auch hier eine mörderische, erbarmungslose Ideologie.
Gesteigert wird die Beklemmung, die der Film auslöst, durch den Blick auf beide Seiten dieses Massakers. Gezeigt wird auch das Bemühen der deutschen Militärs vor Ort um einen Ausweg, ohne einen Zweifel an ihrer politischen, moralischen und auch persönlichen Verantwortung zu lassen. Das Wissen um die Opfer lässt ihren Glauben, für human gehalten zu werden, weil sie vielleicht ein paar Leben verschonen könnten, umso anmaßender wirken.
Was auf ihrer Seite pure Willkür ist, wird auf Seite der Gefangenen als Schicksal empfunden. Sollen sie die Flucht wagen? Sich tapfer ins Martyrium begeben? Es ist das Ringen dieser Todgeweihten um Stolz, Fassung und den Versuch, dem Unrecht durch eine kämpferische Geste vielleicht noch einen politischen Sinn abzutrotzen, das in diesem eindrucksvollen Film am meisten Ehrfurcht einflößt.
Bestes Zitat:
„Der Mensch scheint erst im Angesicht des Todes zu seiner wahren Größe zu finden.“
Der Trailer zum Film.