Film | Die Kammer | |
Produktionsland | USA | |
Jahr | 1996 | |
Spielzeit | 113 Minuten | |
Regie | James Foley | |
Hauptdarsteller | Chris O’Donnell, Gene Hackman, Faye Dunaway, Lela Rochon, Robert Prosky, Raymond J. Barry | |
Bewertung |
Worum geht’s?
Sam Cayhall sitzt schon seit mehr als zehn Jahren in der Todeszelle. Als Mitglied des Ku-Klux-Klans hat er einen Bombenanschlag auf eine jüdische Anwaltskanzlei verübt, bei dem zwei kleine Kinder ums Leben kamen. Er wurde zum Tode verurteilt. Jetzt ist auch der Termin für den Vollzug der Todesstrafe bekannt: Nur noch vier Wochen bleiben, bis Sam Cayhall in der Gaskammer des Gefängnisses hingerichtet werden soll. Für Adam Hall ist das der Anlass, den Fall erneut unter die Lupe zu nehmen. Hall ist nicht nur ein aufstrebender Anwalt, der viel Renommee gewinnen könnte, wenn er Cayhall erfolgreich vertritt. Der Mann in der Todeszelle ist auch sein Großvater – und der Versuch, den Fall erneut aufzurollen bietet für ihn die Chance, seine eigene Familiengeschichte aufzuarbeiten. Allzu viel Unterstützung bekommt er allerdings nicht: Die Kollegen in seiner Kanzlei glauben nicht, dass es realistische Erfolgsaussichten gibt, die Behörden in Mississippi wollen den uralten, politisch brisanten Fall ebenfalls auf sich beruhen lassen, und auch Sam Cayhall selbst hat wenig Interesse, einem jungen Mann zu vertrauen, den er für einen liberalen Waschlappen hält.
Das sagt shitesite:
Die 1990er Jahre waren die produktivste und erfolgreichste Phase im Schaffen von John Grisham. Seine Bestseller Die Firma, Die Akte, Der Klient und Das Urteil entstanden allesamt in dieser Zeit, durchweg wurden sie wenig später fürs Kino adaptiert. 1996, auf dem Höhepunkt des Hypes, kamen sogar zwei Grisham-Verfilmungen in die Kinos: A Time To Kill (deutscher Titel: Die Jury; die Buchvorlage war schon 1989 als erster Roman des Autors veröffentlicht worden) und eben Die Kammer, das als Buch zwei Jahre zuvor erschienen war.
Ein Justizthriller mit dem Prädikat „aus der Feder von John Grisham“ war damals nicht nur für die Verlage, sondern auch für die Filmproduzenten eine sichere Bank. Erst recht galt das, wenn man – wie im Falle von Die Kammer – noch Gene Hackman bieten konnte, der kurz zuvor für seinen Auftritt in Erbarmungslos seinen zweiten Oscar gewonnen hatte, dazu einen Jungstar (Chris O’Donnell), der damals noch in die Kategorie „aufstrebend“ fiel und eher mit Der Duft der Frauen assoziiert wurde als mit Batman. Wie wenig aus dieser Ausgangskonstellation aber gemacht wurde, zeigen die knapp zwei Stunden, für die Regisseur James Foley verantwortlich ist, auf schmerzhafte Weise: Die Kammer ist nicht einmal routiniert oder solide, sondern ein erschütternd langweiliger Schnellschuss. John Grisham selbst war frustriert vom Ergebnis.
In der Tat gibt es hier reichlich flache Figuren wie den ebenso engagierten wie idealistisch-naiven Nachwuchsanwalt Adam, den durchtriebenen Gouverneur David McAllister oder Lee Cayhall, die Tochter des Attentäters, die ihre Abstammung stets verschwiegen hat, weil sie mittlerweile in den höchsten Kreisen der Stadt verkehrt (und säuft). Sie machen einen großen Teil des Geschehens unglaubwürdig, zudem gibt es in diesem vermeintlichen Thriller keine einzige Sekunde mit Nervenkitzel, obwohl die Inszenierung konsequent versucht, auf eine Zuspitzung bis hin zum Termin der Hinrichtung hinzuarbeiten.
Komplett in die Hose geht auch der Versuch, Sam Cayhall – einem brutalen Rassisten und Antisemiten – so etwas wie Verständnis entgegen zu bringen und darauf hinzuweisen, dass er kaum eine Chance hatte, ein anderes Weltbild zu entwickeln, weil er hineingeboren wurde in eine Familie aus Ku-Klux-Klan-Mitgliedern und in ein Milieu, in dem Rassenhass, Diskriminierung und Gewalt prägende Grundprinzipien waren. Der Versuch, seine Verantwortung für das Attentat zu hinterfragen, wird geradezu gefährlich apologetisch, weil es nicht gelingt, die besagten Strukturen, zu deren Opfer er vermeintlich wurde, wirklich klar nachzuzeichnen und dabei auch aufzuzeigen, wer die Profiteure sind. Auch die Idee, den Finger in die Wunde von Adams eigenen Vorurteilen zu legen, ist fragwürdig, denn letztlich deutet der Film damit an, es gebe so etwas wie einen latenten, natürlichen Rassismus in jedem von uns.
Einziger Lichtblick in Die Kammer ist Gene Hackman in der Rolle des verbitterten Sam Cayhall, der nach Jahren in der Todeszelle längst ahnt, dass er ein Bauernopfer ist. Seinen Prinzipien will er trotzdem nicht abschwören, selbst dann, als er vor der Entscheidung zwischen seiner echten Familie (inklusive Adam, der ihm helfen will) und seiner ideologischen Familie (inklusive der Hintermänner des Attentats, die ihn unter Druck setzen und seine Loyalität beschwören) steht. Wie sehr er mit diesen Avancen ringt, mit der Angst vor dem Tod und der Leere der langen Haftzeit, erst recht aber mit seinem Selbstbild, bringt Hackman sehr eindrucksvoll auf die Leinwand.
Bestes Zitat:
„Von allen Menschen, die ich je in meinem Leben gehasst habe, habe ich niemanden mehr gehasst als mich.“
Der Trailer zum Film.