Film | Gestern waren wir Fremde | |
Produktionsland | Deutschland | |
Jahr | 2012 | |
Spielzeit | 90 Minuten | |
Regie | Matthias Tiefenbacher | |
Hauptdarsteller | Lisa Wagner, Thomas Thieme, André Szymanski, Julia von Sell, Anna Maria Sturm | |
Bewertung |
Worum geht’s?
Gleich drei Zufallsbegegnungen an einem Tag? Da wird Sophie, eine selbstbewusste Bauingenieurin, doch neugierig und entdeckt, dass der smarte Software-Entwickler Max ihr neuer Nachbar ist. Sie lädt sich zum Kaffee bei ihm ein und verbringt die Nacht mit ihm, macht Max aber sehr unmissverständlich klar, dass sie keine Beziehung möchte. Erstens muss sie in ein paar Wochen nach China, um ein großes Brückenbau-Projekt zu leiten. Zweitens steht sie auch ohne Mann fest im Leben. Trotzdem kommen sich Max und Sophie immer näher, bis sie ihn eines Tages ihrer Mutter vorstellt. Die reagiert beim Anblick des eigentlich charmanten jungen Mannes entsetzt und ist nach der Begegnung so aufgelöst, dass sie auf der Heimfahrt die Kontrolle über ihr Auto verliert und tödlich verunglückt. Sophie ist geschockt und ahnt doch längst noch nicht, dass hinter dem Tod ihrer Mutter ein dunkles Familiengeheimnis steckt.
Das sagt shitesite:
Man muss nicht Homo Faber gelesen haben, um ziemlich früh zu ahnen, auf welchen Konflikt dieser Plot hinauslaufen wird. Das nimmt dem Film, nach einem etwas hektischen und plumpen Beginn, allerdings nichts von seinem Reiz: Gestern waren wir Fremde ist ein sehr guter, anspruchsvoller und stilvoller Fernsehfilm mit glaubhaften Figuren und einem feinen Gespür für kleine Szenen, in denen viele Geheimnisse stecken können.
Mit Sophies Vater, zu dem sie ein angespanntes Verhältnis hat, der aber nach dem Tod der Mutter ihr einziger Halt wird und zudem seinerseits droht, den Boden unter den Füßen zu verlieren, gibt es eine – von Thomas Thieme enorm stark gespielte – beeindruckende Figur, in der alle Lügen, Tragödien und Schmähungen dieses Films zusammen laufen. Noch besser ist Lisa Wagner als Sophie: Sie spielt diese junge Frau geradezu erschütternd gut, meistert mühelos all die Facetten, die in diesem Charakter stecken: ruppig und verletzlich, abgeklärt und verloren, selbstsicher und orientierungslos, schwärmerisch, pragmatisch und (öfter als sie es zeigen mag) an sich selbst zweifelnd.
Sophie will, wie fast alle anderen Figuren in Gestern waren wir Fremde, alles, was sie bedrückt, mit sich selbst ausmachen, und genau das stürzt sie (und fast alle anderen) ins Unglück. Daraus wird ein intensiver, sehr überzeugender Film über Genetik und Gefühle und die Frage, wie man damit umgeht, wenn beides nicht zusammen passt.
Bestes Zitat:
„Keiner kriegt irgendetwas mit, glaub mir. Nicht in diesem Leben.“
Regisseur Matthias Tiefenbacher im Interview über den Film: