Film | Lord Of War | |
Produktionsland | USA | |
Jahr | 2005 | |
Spielzeit | 112 Minuten | |
Regie | Andrew Niccol | |
Hauptdarsteller | Nicolas Cage, Bridget Moynahan, Jared Leto, Ethan Hawke | |
Bewertung |
Worum geht’s?
Als Einwanderer aus der Ukraine hätte Yuri Orlov nichts dagegen, es in den USA zu schnellem Reichtum zu bringen. Was ihm noch fehlt, ist eine Geschäftsidee. Das ändert sich, als er sein Talent für den Waffenhandel entdeckt – erst recht, als der Eiserne Vorhang fällt und Yuri dank seiner alten Verbindungen in den Ostblock plötzlich riesige Arsenale an Gewehren, Granaten, Hubschraubern und Panzern auf dem Schwarzmarkt erstehen und mit beträchtlichem Gewinn in die Krisenregionen der Welt verkaufen kann. Sein Bruder Vitaly steht ihm dabei in manch brenzliger Situation treu zur Seite, seine Ehefrau Ava fragt nicht, woher das Geld kommt, solange es ihr ein Leben in Luxus ermöglicht. Je verwegener Yuris Deals werden, desto gefährlicher wird das Geschäft mit dem Tod allerdings auch für ihn selbst.
Das sagt shitesite:
Die ersten Sekunden von Lord Of War machen Hoffnung darauf, dass man es hier mit der besten Form von Kino zu tun hat. Der Weg einer Gewehrpatrone wird da verfolgt. Er fängt in der Fabrik an und führt über zahlreiche Zwischenstopps genau in die Stirn eines jungen Afrikaners. Man erkennt: Ästhetik und Tricktechnik des Kinos werden hier genutzt, um ein hoch brisantes, zu wenig beachtetes Thema wie den globalen Waffenhandel zu betrachten. Und das auch noch mit einem mutigen, originellen ästhetischen Konzept.
Erfreulicherweise bestätigt sich dieser Eindruck in den knapp zwei Stunden, die dann folgen. Der Film basiert auf einer erstaunlichen Rechercheleistung (allein aus Yuris Auftsieg, der in den ersten 26 Minuten zusammengefasst wird, hätte man zehn Filme machen können) und entwickelt mit seinem morbiden Humor ungeahnte Entertainment-Qualitäten, ohne dabei etwas von den Ereignissen (die oft genug auf reale Vorlagen verweisen) zu beschönigen.
Natürlich hat Lord Of War ein paar Schwächen: Der labile Bruder, der sein schlechtes Gewissen im Drogenrausch ertränkt, und die leichtgläubige Traumfrau, die erst durch den Appell an ihre eigene Familiengeschichte ihre moralische Seite entdeckt, sind deutlich überzeichnet. Auch die Passage, als Orlov im Drogenrausch in Westafrika von Schuldgefühlen übermannt wird, schießt inhaltlich und in ihrer Bildsprache übers Ziel hinaus.
Zudem wird bis kurz vor Schluss fast nur die wirtschaftliche (nicht die politische) Komponente des Waffenhandels betrachtet und der Fokus fast nur auf Drittweltstaaten gelegt. Welch entscheidende Rolle auch westliche Hersteller, Geheimdienste, Militärs und Regierungen in diesem Geschäft spielen, kommt dabei etwas zu kurz.
Diesen Wermutstropfen kann Lord Of War aber eine ganz entscheidende Stärke gegenüber stellen: Nicolas Cage als Yuri Orlov. Fast jeder Satz von ihm ist ein Bonmot voller Zynismus und Gier, und durch diesen Clou schafft es Regisseur und Drehbuchautor Andrew Niccol, seine Hauptfigur vielleicht nicht gerade sympathisch, aber auch nicht persönlich verantwortlich erscheinen zu lassen. Wenn ich es nicht mache, macht es ein anderer – so lautet seine Rechtfertigung, und als Zuschauer ist man drauf und dran, sie als legitim gelten zu lassen. Erst recht, wenn sie aus dem Mund eines so charmanten Schlitzohrs kommt.
Natürlich verliert der Film damit ein wenig seines Empörungspotenzials: Orlov ist kein Ekel, kein Menschenfeind, sondern Opportunist. Genau dadurch hält Lord Of War dem Zuschauer aber den Spiegel vor, denn der Film zeigt ein Spiel, in dem wir alle mitspielen, wenn auch in einer passiveren Rolle. Der „Händler des Todes“, so der Untertitel des deutschen Verleihs, ist in dieser Geschichte kein Schlächter, sondern ein lupenreiner Selfmade Man, der viele der Werte verkörpert, die in unserer Gesellschaft üblicherweise hochgehalten werden. Das Geschäft, an dessen Folgen täglich Tausende Menschen sterben, ist für ihn einfach irgendein Business. Lord Of War setzt auf diese Erkenntnis nicht auf Melodrama, um aufzurütteln und erreicht damit einen ähnlich Effekt wie Roberto Saviano mit seinen Mafia-Recherchen: Grausamkeit ist hier nicht das Ergebnis von Boshaftigkeit oder Blutdurst, sondern einfach nur das erbarmungslos ausgelebte Prinzip des Kapitalismus.
Bestes Zitat:
„Wenn man zum ersten Mal eine Waffe verkauft, ist das so ähnlich wie der erste Sex. Man hat absolut keine Ahnung, was man da macht. Aber es ist aufregend. Und so oder so ist es viel zu schnell vorbei.“
Der Trailer zum Film.