Draufgeschaut: Summertime Blues

Alex (François Goeske) entwickelt eine Hassliebe zu Faye (Sarah Beck).
Alex (François Goeske) entwickelt eine Hassliebe zu Faye (Sarah Beck).
Film Summertime Blues
Produktionsland Deutschland
Jahr 2009
Spielzeit 116 Minuten
Regie Marie Reich
Hauptdarsteller François Goeske, Sarah Beck, Zoe Moore, Karoline Eichhorn, Alexander Beyer, Christian Nickel, Maja Schöne
Bewertung *1/2

Worum geht’s?

Alex ist 15, und seine Eltern teilen ihm mit, dass sie sich scheiden lassen. Schnell hat er das Gefühl, dass Mama und Papa nun ihre neu gewonnene Freiheit genießen wollen und er dabei eher im Weg ist. Aber dann kommt es noch schlimmer: Seine Mutter will mit Seth, ihrem neuen Freund, nach England ziehen und Alex mitnehmen. Mit dem Leben auf dem Land hat der Stadtjunge so seine Probleme – erst recht, als auch noch Faye eintrifft, die bildhübsche Tochter von Seth.

Das sagt shitesite:

Vieles an Summertime Blues ist gut gemeint: die Einsamkeit eines Scheidungskinds, das grandios übersteigerte Selbstmitleid der Pubertät, die Rücksichtslosigkeit von Erwachsenen, die sich plötzlich wieder wie Teenager aufführen – all das will der Film thematisieren. Doch abseits von solidem Handwerk findet Summertime Blues keine Mittel für diese Herausforderung.

Das liegt vor allem an dem kruden Mix der Konflikte: Rosamunde Pilcher (viele Passagen von Summertime Blues sehen aus wie ein Werbefilm für Landurlaub in der Grafschaft Kent) wird hier mit GZSZ (statt sich auf die interessante Tatsache zu konzentrieren, dass Alex in ein Mädchen verliebt ist, das vielleicht schon bald seine Stiefschwester sein könnte, werden lieber reichlich Nebenschauplätze mit allerlei Teenie-Dramen eröffnet) und Hänsel und Gretel (Alex entdeckt abwechseln mit Faye und einem anderen Mädchen das Leben auf dem Dorf, im Wald oder im Bauernhaus für sich) vermengt. An so einer Konstellation wären wohl auch andere gescheitert als Regie-Debütantin Marie Reich.

Auch die unangenehme Eigenschaft, wirklich jeden Konflikt auch auszusprechen (und sei es aus dem Off), ist nicht gerade hilfreich: Sätze wie „Mein Leben fühlt sich an wie Treibsand“ können niemals gut sein, denn natürlich ist es Aufgabe des Plots und der Darsteller, beim Zuschauer diese Erkenntnis zu erzeugen, ohne dass sie explizit gemacht wird.

Einem gelungenen Coming-Of-Age-Film stehen leider auch die Schauspieler im Weg. Die Erwachsenen sind wandelnde Klischees, und Hauptdarsteller François Goeske hat zwar unverkennbares Talent, spielt aber jedes Gefühl mit zehn Prozent zu viel, egal ob er nun Wut, Begierde, Freude, Trotz oder Selbstmitleid ausdrücken will. Nicht zuletzt setzt Summertime Blues auf viel zu abgedroschene Bilder: Wenn Fotos verbrannt werden, der Fußboden von nicht abgeschickten Liebesbriefen übersät ist oder Alex und Faye auf einer Sommerwiese aufeinander zustürmen, um sich schließlich in die Arme zu fallen, dann nimmt das diesem Film noch den letzten Rest an Eigenständigkeit.

Bestes Zitat:

“Der tanzt wie eine Stechmücke, die eine Ladung Insektenvernichtungsmittel abbekommen hat.”

Der Trailer zum Film:

httpv://www.youtube.com/watch?v=j0sU45dpTZM

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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Ein Gedanke zu “Draufgeschaut: Summertime Blues

  1. Was die/der Filmsachverständige in ihrer/seiner Analyse verschweigt oder vielleicht nicht wusste: „Summertime Blues“ ist eine nahezu werkgetreue Verfilmung des gleichnamigen englischen Jugendromans von Julie Clarke. Die reflektierenden Offtexte z.B. sind wortwörtlich aus der Vorlage übernommen. Aber wie man weiß, erschließt sich der feinsinnige britische Humor nicht jedem. 😉 Vor diesem Hintergrund haben die allzu romantischen Bilder und die erwähnten 10% zuviel eine andere Grundlage. Für mich war es ein großes Vergnügen, vor allem Francois Goeske zuzusehen!

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