Film | The Descendants | |
Produktionsland | USA | |
Jahr | 2011 | |
Spielzeit | 115 Minuten | |
Regie | Alexander Payne | |
Hauptdarsteller | George Clooney, Shailene Woodley, Amara Miller, Judy Greer, Matthew Lillard | |
Bewertung |
Worum geht’s?
Bei einem Unfall mit einem Powerboat erleidet Elizabeth King schwere Kopfverletzungen und liegt seitdem im Koma in einer Klinik auf Hawaii. Ihr Ehemann Matt muss sich plötzlich um die beiden Töchter Alex (17) und Scotty (10) kümmern und stellt fest, dass sie ihm in den Jahren, in denen er sich vor allem um seinen Job als Anwalt für Immobilienrecht gekümmert hat, völlig fremd geworden sind. Auch jetzt hat er im Büro eigentlich bereits mehr als genug Arbeit: Ein riesiges Grundstück auf einer der anderen Hauptinseln, das seiner Familie gehört, soll verkauft werden, und die Verwandtschaft prüft, welches Angebot das lukrativste ist. Dieses Geschäft rückt aber in den Hintergrund, als Matt von seiner Tochter erfährt, dass seine Frau eine Affäre hatte und sich scheiden lassen wollte. Er kann kaum glauben, dass er davon nichts mitbekommen hat und macht sich auf die Suche nach dem Nebenbuhler – während die Ärzte ihn informieren, dass Elizabeth nie mehr aufwachen wird.
Das sagt shitesite:
De mortuis nihil nisi bene – mit dieser antiken Empfehlung zum wohlwollenden Umgang mit den Verstorbenen wird in The Descendants permanent gebrochen. Als Elizabeth zunächst im Koma liegt und dann hirntot ist, muss sie sich gleich mehrfach anschreien lassen, sie wird mit Vorwürfen konfrontiert und sogar beleidigt, obwohl sie natürlich keinerlei Möglichkeit mehr hat, sich zu rechtfertifen. Das ist nur einer von vielen reizvollen Widersprüchen und Spannungselementen in diesem wunderbaren Film.
Der zweite ist die erstaunliche Tatsache, dass Elizabeth ironischerweise in dem Moment, in dem sie zu totaler Passivität verdammt ist, zur treibenden Kraft für Matt und das Miteinander in ihrer Familie wird. Ausgerechnet die Suche nach ihrem Liebhaber, dem lebenden Beweis für das Scheitern ihrer Familie, schweißt Matt und seine Töchter wieder zusammen.
Es ist die Komplexität und Tragik dieser Geschichte, die den größten Anteil am Gelingen dieses Films hat. Allerdings sorgt auch das Setting von The Descendants für eine faszinierende Reibung: Shorts und Sonne, Strand und Surfer umgeben die Protagonisten in Hawaii, doch auch in einer solch idyllischen Umgebung können sie natürlich persönliche Tragödien erleben.
Exzellent ist dabei die Leistung von George Clooney als Matt King: Der auf einen Schlag quasi alleinerziehende Vater merkt schnell, wie überfordert er ist, gleichzeitig treibt ihn eine wilde Entschlossenheit, den Ansprüchen gerecht zu werden, die an ihn gestellt werden. Er ist immer wieder existenziell erschüttert, zugleich ist er zu Pragmatismus und sogar Humor in der Lage – in ihm sind damit die vielen Dimensionen dieses Dramas konzentriert.
The Descendants gönnt sich dabei ein entspanntes Erzähltempo und vor allem gegen Ende eindrucksvolle Momente des Schweigens (die einen wirkungsvollen Kontrast zum beinahe schwatzhaften Geplapper aus dem Off zu Beginn bilden). Zudem schafft es der Film, trotz etlicher Handlungselemente, die dazu einladen würden (neben Hirntod und Fremdgehen gibt es noch eine rebellische Teenager-Tochter, eine demente Großmutter und ein Dilemma aus Naturschutz und Familienfrieden), sich jegliche Sentimentalität zu verkneifen. Stattdessen wird The Descendants eine Reflexion darüber, was Familie letztlich ausmacht, und was von ihr bleiben sollte – sogar über den Tod hinaus.
Bestes Zitat:
„Eine Familie hat etwas von einem Archipel. Alle Teil eines Ganzen und dennoch jeder für sich allein – und sich immer weiter voneinander entfernend.“
Der Trailer zum Film: