Year Of The Horse

Film Year Of The Horse

Regisseur Jim Jarmusch (links) begleitet Neil Young (rechts) und seine Band auf Tour.
Regisseur Jim Jarmusch (links) begleitet Neil Young (rechts) und seine Band auf Tour.
Produktionsland USA
Jahr 1997
Spielzeit 107 Minuten
Regie Jim Jarmusch
Hauptdarsteller*innen Neil Young, Billy Talbot, Frank Sampedro, Ralph Molina
Bewertung

Worum geht’s?

Jim Jarmusch hatte schon 1995 für seinen Film Dead Man mit Neil Young zusammengearbeitet. Damals hatte der Musiker den Soundtrack zum Psychedelic-Western beigesteuert. Nun liefert Jarmusch den Begleitfilm zur Welttournee von Neil Young & Crazy Horse. Er spricht mit den Musikern, zeigt die Performance von neun Liedern bei zwei Konzerten, ist Backstage dabei und ergänzt seine Eindrücke um Archivmaterial. Das Ergebnis, “Made loud to be played loud”, wie es im Vorspann heißt, ist zugleich eine Dokumentation und eine Annäherung an die Frage, was die Magie von Neil Young & Crazy Horse ausmacht.

Das sagt shitesite:

Der Versuch, das Wesen der Band über eine Annäherung mit Filmkameras zu erschließen, wird von Neil Young, Billy Talbot, Frank Sampedro und Ralph Molina durchaus kritisch betrachtet. Crazy Horse waren in keiner Phase ihrer Karriere auch nur annähernd stylisch, und entsprechend groß ist die Skepsis gegenüber dem hippen Filmemacher aus New York.

Gitarrist Poncho Sampedro sagt gleich an drei verschiedenen Stellen von Year Of The Horse unverhohlen in die Kamera, dass er den Versuch für anmaßend hält, die Band ein bisschen zu befragen, im Hotelzimmer oder hinter der Bühne zu beobachten und dann daraus irgendwelche allgemeingültigen Schlüsse zu ziehen. Wie könne man sich einbilden, ein paar Fragen zu stellen und dann verstanden zu haben und einzufangen, worum es bei Crazy Horse geht? Eine durchaus berechtigte Frage.

Die Methode von Jim Jarmusch funktioniert trotzdem. Er lässt die Bandmitglieder zu Wort kommen, die Crew, die Fans, den Vater von Neil Young. Produzent Elliot Roberts hat in Year Of The Horse zwar nur einen Kurzauftritt, sagt aber etwas sehr Zentrales: “Die Jungs spielen seit 30 Jahren zusammen. Sie bringen ihr ganzes Leben in diese Band ein.”

Genau darin scheint der Schlüssel für die Einzigartigkeit dieser Band zu liegen. Crazy Horse kommen hier rüber wie eine eingeschworene Jungsbande: sie zünden aus Langeweile einen Blumenstrauß im Hotelzimmer an, sie deuten Schlägereien auf der Bühne an, streiten mit üblen Kraftausdrücken im Proberaum, erzählen sich schmutzige Schlagzeugerwitze. Es ist die Kombination aus Wettbewerb und Harmonie, die in jeder Jungsbande für die Dynamik sorgt, die auch ihre Musik trägt. Das Quartett steht auf der Bühne immer ganz dicht zusammen, damit die vier Musiker kommunizieren können, mit Tönen, aber vor allem mit Blicken, Worten und Gesten. Das Ganze ist ganz eindeutig mehr als die Summe seiner Teile, Crazy Horse haben eine besondere emotionale Energie und Intensität.

Year Of The Horse zeigt überdies: Warum diese Band so gut funktioniert, ist auch für die Musiker selber ein Rätsel. Auch Jarmusch scheint das zu ahnen, und deshalb sucht er die Essenz von Crazy Horse auch gar nicht in den Interviewaussagen, sondern in der Musik – und in den Bildern, die er dazu findet. Er filmt in Super 8, 16mm und Hi-8-Video, alles wirkt deshalb von Anfang an intim, improvisiert, authentisch: eine kongeniale Entsprechung des Crazy-Horse-Sounds.

Zudem setzt der Regisseur, ebenso wie die Band, auf Widersprüche, die sich hier aber im Gesamteindruck auflösen: Es gibt nüchterne Dokumentation, aber auch fantasievolle Bildcollagen, es gibt Farbe und schwarz-weiß, Archivmaterial und aktuelle Bilder. Es gibt tolle Konzertmitschnitte, die nach Hagiographie ausschauen, aber auch Szenen backstage, im Hotel oder Tourbus, in denen man meinen könnte, das Filmteam wolle diese Band demaskieren. Jarmusch ist passiver Beobachter und aktiver Interviewer. Irgendwo zwischen allem, was er zutage fördert, steckt dann tatsächlich der Kern dieser Band.

Bestes Zitat:

“This guy is coming in here and thinks he’s gonna ask us a couple of cute questions and thinks he’ gonna sum up 30 years of total insanity.”

Der Trailer zum Film:

httpv://www.youtube.com/watch?v=ArByuzk_StM

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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