Autor | Franziska Gerstenberg |
Titel | Wie viel Vögel |
Verlag | Schöffling |
Erscheinungsjahr | 2004 |
Bewertung | ***1/2 |
„Leipzig liest“ heißt ein jährlich zur Buchmesse stattfindendes Literaturfestival. Leipzig schreibt aber auch. Mehr noch: Leipzig lehrt, wie man schreibt. Am Deutschen Literaturinstitut bekommen Studenten in sechs Semestern beigebracht, was Literatur ist, wo sie herkommt – und wie man sie macht. Galt Tobias Hülswitt lange als Aushängeschild der Dichterschmiede, sorgte jüngst Juli Zeh für Aufsehen. Nun hat eine ihrer Mitstudentinnen ihre ersten Erzählungen veröffentlicht.
Franziska Gerstenberg bietet in „Wie viel Vögel“ sehr stille, fast schüchterne Geschichten, in denen aber ein nicht recht zu fassendes Vibrieren für Spannung sorgt. Wie bei so vielen ihrer Kolleginnen sind die Suche nach Halt und Orientierung und „feine Risse im Selbstverständnis der Figuren“ (Burkhard Spinnen) die Themen.
Gerstenberg findet offensichtlich vieles im Leben merkwürdig – und merkt es sich. Deshalb wird in „Wie viel Vögel“ wenig geredet, dafür umso mehr geschaut und gedacht. Resultat sind eindrucksvolle und einleuchtende Bilder in diesen Geschichten ohne Ort, ohne Zeit und ohne rechte Handlung. Am deutlichsten entpuppt sich dabei Gerstenbergs Talent als Stilistin mit einer unverkennbaren und rhythmischen Schreibe.
Beste Stelle: „Zum ersten Mal hat sie Lust, alles hinzuschmeißen, das Sauerkraut hinzuschmeißen, diesen ganzen Heiligen Abend und diese ganze heilige Familie. Zurückzufahren, die Züge gehen jede Stunde, vielleicht in ihrer Eckkneipe zu feiern. Laut und unverbindlich. Oder die Nummer zu wählen, die ihr vor vier Wochen ins Portemonnaie gesteckt wurde, für Notfälle, wie es hieß. Diese Nummer im Portemonnaie, das ist schon der Notfall.“
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