Autor | Günter Netzer | |
Titel | Aus der Tiefe des Raumes | |
Verlag | Rowohlt | |
Erscheinungsjahr | 2004 | |
Bewertung |
Man muss sich zunächst ein bisschen wundern über diese Biografie. Günter Netzer, war das nicht der Lebemann, der Playboy, der mit den Ferraris und Frauengeschichten? Er war. Und doch kommt dieses Buch ohne Klatsch, Prahlerei und Bettgeschichten aus.
Es ist ein Buch, das sich tatsächlich um nichts anderes dreht als um Günter Netzer und Fußball. Und das ist auf Dauer durchaus wohltuend.
Wie Netzer launig und auch mit gelegentlicher Selbstironie („Ich hatte aus dem Mittelfeld heraus Jupp Heynckes angespielt, über dreißig, vierzig Meter, und war tatsächlich diese lange Strecke – ich war im Rausch, ich war nicht ich selbst – hinterhergerannt.“) erzählt, hebt sich angenehm ab von den Lebensgeschichten, die Effenberg, Becker oder Matthäus unters Volk gebracht haben. Schnell wird deutlich, dass der angeblich mächtigste Mann im Weltfußball ein solches Niveau nicht nötig hat. Netzer versucht gelegentlich, sich zu rechtfertigen, aber er leugnet nichts.
Noch eines fällt auf: Nachtragend ist der einstige „Rebell“ (ein Image, das er in „Aus der Tiefe des Raumes“ noch immer nicht anerkennen, aber erklären kann) nun wirklich nicht. Auch wenn Netzer noch mit manch einem eine Rechnung offen hat (Hennes Weisweiler, Helmut Schön oder Kevin Keegan wären Kandidaten): Netzer ist viel zu sehr Gentleman, um auf diesem Weg nachzukarten. Stattdessen erfährt man, warum ein Bob-Dylan-Konzert für seine Karriere so wichtig war, warum man als Rechtehändler trinkfest sein muss und warum er Gerhard Delling niemals das „Du“ anbieten wird.
Und Netzer erzählt vom Fußball aus einer tollen Zeit, von großen Spielen (natürlich der 7:1-Triumph gegen Inter Mailand, natürlich das Pokalfinale gegen Köln), eindrucksvollen Begegnungen (mit Santiago Bernabeu oder Frank Sinatra) und von seinem Verständnis vom Fußball, das mehr mit Ästhetik, Pop und Leidenschaft zu tun hat, als das es irgendein heutiger Bundesligaprofi verstehen könnte.
Beste Stelle: „Rebell wurde ich, weil ich faul war. Oder vernünftig, das ist möglicherweise Ansichtssache.“