Autor | Hans Bentzien |
Titel | Warum noch über die DDR reden? Sophies Fragen |
Verlag | Das Neue Berlin |
Erscheinungsjahr | 2009 |
Bewertung | * |
Dass Hans Bentzien, Jahrgang 1928, sein Gewissen erleichtern will, ist verständlich. Er war in der NSDAP, dann in der SED, in beiden Parteien keiner der Schlimmsten, aber doch einer, der das System mit getragen hat. Er hat im Zweiten Weltkrieg gekämpft und war Kultusminister der DDR. Er hätte wirklich ein paar spannende Dinge zu erzählen. Doch das Buch, das er geschrieben hat, ist ein Affront.
Nicht nur, dass sich hier ein Bonze in bestem DDR-Jargon die Vergangenheit schönredet. Er nutzt auch noch die mediale Aufmerksamkeit durch den 20. Jahrestag des Mauerfalls, um seine unerträgliche Geschichtsklitterung zu verkaufen. Er schafft es in seinem verzweifelten Versuch einer Rechtfertigung auch noch, sich als Stasi-Opfer darzustellen und versucht, die Wirtschaftskrise als Beleg für seine abstrusen Thesen und sein paranoides Verhältnis zur Bundesrepublik zu nutzen.
Doch auch das ist noch nicht das Schlimmste an „Warum noch über die DDR reden?“ Das Schlimmste ist der Untertitel, der die Form des Buchs andeutet: „Sophies Fragen“. Bentzien gibt vor, die Fragen seiner Enkelin zur Vergangenheit zu beantworten, ihr die Wahrheit über sein Leben zu erzählen und nützliche Orientierung für die Zukunft zu geben.
Doch erstens beantwortet er die Fragen nicht, sondern nutzt sie nur als Stichwortgeber für seine Tiraden. Und zweitens benutzt er durch dieses perfide Spiel die eigene Enkelin. Sie wird instrumentalisiert, verblendet und missbraucht – genau so, wie es Bentzien mit den Jugendlichen in der DDR gemacht hat.
Hallo Namensvetter,
ich bin gerade über Deine Rezension gestolpert. Das ist der richtige Ausdruck dafür, dass ich nicht umhin komme, mich dazu zu äußern.
Eben der Autor ist mein Onkel und ist glühender Kommunist.
Soweit kann ich das „Urteil“ noch mittragen.
Doch was Du hier schreibst: „Bentzien gibt vor, die Fragen seiner Enkelin zur Vergangenheit zu beantworten“ … „Und zweitens benutzt er durch dieses perfide Spiel die eigene Enkelin. Sie wird instrumentalisiert, verblendet und missbraucht – genau so, wie es Bentzien mit den Jugendlichen in der DDR gemacht hat.“
Ist böse und ungerechtfertigt.
Ich kenne logischerweise auch seine Enkelin und weiß, das das Buch mit ihrer Zusammenarbeit entstanden ist.
Des Weiteren hat mein Onkel niemals verblendet und missbraucht oder „unerträgliche Geschichtsklitterung“ betrieben.
Wenn Du Dir dessen so sicher bist, stelle doch bitte nicht nur Behauptungen auf, sondern führe nachprüfbare Beweise an!
P.S: Ich bin weder verblendet noch Anhänger des Kommunismus oder der Linken!!! 😉
Gruß
HighLo
Ich habe das Buch aus Interesse an der Person Hans Bentzien gelesen. Ich halte es, verglichen mit seinen anderen Texten, tatsächlich für nicht besonders gelungen. Ich hatte die Gelegenheit Hans Bentzien für eine Dissertation zu interviewen. Sowohl das persönliche Gespräch, als auch die Aktenlage im SAPMO/Bundesarchiv zu seiner Zeit als Kulturminster haben mir bestätigt, dass Hans Bentzien ein Politiker war wie es in der DDR mehr hätte geben müssen. Sie haben offensichtlich keine Ahnung von der Rolle Bentziens in der DDR – nur Kulturminister Hoffmann hat sich wohl noch verdienter um eine lebendige Kultur in der DDR gemacht. Zu behaupten er hätte die DDR Jugend verblendet oder gar missbraucht ist absoluter Schwachsinn – befassen Sie sich erst mit der Person und ihrer Geschichte, bevor Sie solche falschen Behauptungen aufstellen. Gerade seine besondere Rolle in der DDR verleiht Bentzien heute die Kompetenz und das Recht sich in seiner Weise zur DDR-Geschichte zu äußern.