Autor | John Burnside | |
Titel | Die Spur des Teufels | |
Originaltitel | The Devil’s Footprints. A Romance | |
Verlag | Knaus | |
Erscheinungsjahr | 2007 | |
Bewertung |
„Das Werk eines außergewöhnlich begabten Schriftstellers“, hat die Literaturbeilage der Times in Die Spur des Teufels erkannt. In der Tat zeigt John Burnside hier das Talent, das dem 1955 geborenen Schotten schon für seine Erzählungen und Gedichte viel Lob eingebracht hat: Eine sehr poetische Sprache mit großer Kraft, die sich in diesem Roman vor allem in den Landschaftsbeschreibungen zeigt. Weitere Pluspunkte sind eine meisterhafte Konstruktion und ein sehr origineller Genre-Mix: Die Spur des Teufels ist zugleich Krimi, Familiensaga, Heimatdichtung und Geschichte einer Ehe, dabei zudem spannend und mit sparsam eingesetzten, aber sehr wirkungsvollem Humor versehen (ein Buch, das Die Spur des Teufels heißt, könne man eigentlich nur als „eine seltsame alte Ansammlung von Unsinn“ betrachten, schreibt John Burnside etwa auf einer der ersten Seiten).
Das Problem des Romans, zumindest in meiner Wahrnehmung, ist indes ein sehr einfaches: eine extrem unsympathische Hauptfigur. Der Ich-Erzähler ist Michael Gardiner, um die 30 Jahre alt, verheiratet, kinderlos. Sein Vater war ein berühmter Naturfotograf, die Mutter eine talentierte Malerin, weshalb sich die Familie in Coldhaven an der Ostküste Schottlands niederließ, wo es reichlich Motive in der Landschaft und ein einmaliges Licht gab.
Die Einheimischen haben eine Vorliebe für Mythen, Sagen, Legenden und Klatsch, deren Wesen John Burnside hier immer wieder nachspürt. Sie können mit den Zugezogenen aus der Großstadt aber wenig anfangen, sodass sich die Familie immer mehr isoliert, inklusive des kleinen Michael. Als die Eltern längst tot sind, bleibt er dennoch in Coldhaven und lebt „im täglichen Einerlei leiser Beklemmung und ordinärer Selbsttäuschung“.
Genau diese Untätigkeit, nicht nur im Hinblick auf die Dinge des Alltags, sondern auch hinsichtlich einer Persönlichkeitsentwicklung, ist es, die ihn so schwer erträglich macht: Er ist unfähig, Entscheidungen zu treffen oder Verantwortung zu übernehmen und tut eigentlich nichts, als in den Tag hinein zu leben, was er sich dank des Vermögens seiner Eltern leisten kann. Die Vergangenheit will er gerne hinter sich lassen, für die Zukunft hat er keinerlei Ziele. Seine Ehe mit Amanda ist er ohne ersichtlichen Grund eingegangen und hat sie dann ohne großes Bedauern dahinsiechen lassen. Sein Leben scheint sich vor allem in der Erinnerung abzuspielen, an die Eltern, die von den Einwohnern in Coldhaven nie akzeptiert wurden, und an die Schuld, die er selbst auf sich lud, als er seinerseits versuchte, sich gegen die Tyrannei seines Umfelds zu wehren.
Genau an dieses Ereignis wird er durch eine Meldung in der Zeitung erinnert: Moira Birnie hat Selbstmord begangen und zwei ihrer drei Kinder mit in den Tod genommen. Lediglich ihre 14-jährige Tochter Hazel ließ sie am Leben. Michael hatte einst eine Affäre mit Moira und vermutet nun, Hazel könne seine Tochter sein. Er versucht, das Mädchen zu finden und einen Draht zu ihr aufzubauen – in der Hoffnung, Klarheit über seine mögliche Vaterschaft zu bekommen und vielleicht auch einen Ankerpunkt für sein Leben.
John Burnside entspinnt rund um diesen Plot eine Geschichte von Selbst- und Sinnsuche, in der auch Religion und Esoterik, die sich in Die Spur des Teufels immer wieder Bahn schlägt, eine nicht unbedeutende Rolle spielen. Wir sind alle vor allem Geschöpfe des Zufalls, schreibt er beispielsweise an einer Stelle, „weshalb der Teufel, wenn er seinem Werk nachgeht, es stets wie einen Zufall aussehen lässt, jedenfalls zu Anfang, um uns dann tiefer in seine Falle zu locken, sanft protestierend, falls überhaupt, doch willige Komplizen bis zum Schluss“.
Immer wieder unterbricht der Autor den Plot für allgemeine Reflexionen seines Ich-Erzählers, bei denen man nicht immer erschließen kann, ob sie ihm im Rückblick klar geworden sind oder just in jenem Moment, an dem er die Handlung unterbrochen hat. Das hat seine Momente, wirkt gelegentlich aber auch banal, was in erster Linie an der Konturlosigkeit der Hauptfigur liegt, auch im Hinblick auf seine Reue, die das prägende Gefühl von Die Spur des Teufels ist: Sie wirkt nicht ehrlich, sondern eitel.
Bestes Zitat: „Alles hängt zusammen. Das konnte ein Grund sein, gar nichts zu tun, es konnte aber auch ein Grund zum Handeln sein, zu entschiedenem Handeln in dem Wissen, dass, was immer man tat, die Konsequenzen nicht vorherzusehen waren.“