Autor | John Niven | |
Titel | Das Gebot der Rache | |
Originaltitel | Cold Hands | |
Verlag | Heyne Hardcore | |
Erscheinungsjahr | 2012 | |
Bewertung |
Vergesst Django! Der mag zwar unchained sein, eine Menge Wut im Bauch haben und eine ziemlich beträchtliche Blutspur hinter sich herziehen. Aber wer wirklich wissen will, wie intensiv, marternd und langlebig die Lust auf Rache sein kann, der sollte nicht ins Kino gehen, sondern in die Buchhandlung. Das Gebot der Rache, der erste Thriller aus der Feder von Kultautor John Niven, ist eine schockierende, extrem spannende Geschichte über den Wunsch nach Vergeltung. Und übrigens blutig genug, um auch Quentin Tarantino gefallen zu können.
Im Zentrum des Romans steht Donald Miller. Man könnte meinen, er habe das große Los gezogen: Nach einer trostlosen Kindheit in Schottland und einem Literaturstudium in England hat es ihn nach Kanada verschlagen, wo er eine Tochter mit steinreichen Eltern geheiratet hat. Nebenher schreibt er jetzt Filmkritiken, aber eigentlich ist es seitdem sein Job, sich um das imposante Haus und den gemeinsamen Sohn zu kümmern. Kurz bevor der Winter seine Wahlheimat erreicht, zerbricht das Idyll: Die Geister der Vergangenheit schrecken Donald auf – und sie wollen ihn nicht nur töten, sondern einem Martyrium nach allen Regeln der Kunst aussetzen.
Wie in seinen bisherigen Büchern hat John Niven wieder ein paar Zitate für Liebhaber der Popkultur eingebaut. Trotzdem unterscheidet sich Das Gebot der Rache deutlich von seinem bisherigen Werk. Bücher wie Kill Your Friends waren zwar auch blutig, aber immer auch als Satire gedacht und in einem beinahe ironischen Tonfall gehalten. Diesmal gibt es kein bisschen Leichtigkeit, sondern nur einen grausamen Kampf um Leben und Tod.
„Wie lange Menschen an dem Wunsch nach Rache festhalten können, hat mich einfach immer fasziniert“, sagt John Niven. Von Anfang an sei ihm klar gewesen, dass dieses Buch „nichts mit Comedy zu tun hat. Der Inhalt muss die Form vorgeben, und bei Das Gebot der Rache war es offensichtlich, dass es ein dunkler, erschütternder Roman werden würde.“
Neben der Unerbittlichkeit ist es vor allem die sehr clevere Komposition, die Das Gebot der Rache zu einem so spannenden Thriller macht, den man kaum aus der Hand legen mag. Fast die Hälfte des Buches nimmt sich John Niven Zeit, um Donald und sein entspanntes Luxusleben vorzustellen, bevor dann die Hölle losbricht.
Wunderbar gelingt auch das Spiel mit den insgesamt vier Zeitebenen: Das Gebot der Rache ist eingebettet in den Rückblick des Erzählers, das Geschehen spielt sich abwechselnd in Donalds Kindheit in Schottland (wo John Niven übrigens selbst herkommt), einem Jugendgefängnis und der kanadischen Provinz ab. Dadurch wird nach und nach klar, welche Triebkraft hinter diesem Rachefeldzug steckt – und dass Donald keineswegs nur unschuldiges Opfer dabei ist.
Die Figuren, Schauplätze und Dialoge von Das Gebot der Rache schreien förmlich nach einer Verfilmung. „Das liegt wahrscheinlich daran, dass ich zwei oder drei Drehbücher geschrieben habe bevor ich den Roman geschrieben habe. Manche der Drehbuchansätze schlüpfen in deinen Schreibstil: Betritt deine Szenen so spät wie möglich und verlasse sie wieder sobald du deinen Punkt gemacht hast. Und ja, wir haben bereits zwei oder drei Anfragen nach den Filmrechten aber wir warten ab. Ich denke, man könnte aus dem Buch einen sehr guten Film machen“, sagt John Niven. Für den ultimativen Rachefeldzug kann man demnächst dann also doch wieder ins Kino gehen.
Bestes Zitat: „’Die Vergangenheit ist ein fremdes Land’, lautet ein steinaltes Klischee. Eine Zeit lang dachte ich, meine wäre sogar ein anderer Planet. Ich war ein kleiner Junge, der etwas Schreckliches getan hat. Aber die Vergangenheit ist kein fremdes Land. Sie ist allgegenwärtig. Sie war jetzt gerade da draußen, irgendwo im Schnee, mit einem Schlachtermesser und einem Revolver.“