Autor | Josan Hatero |
Titel | Der Vogel unter der Zunge |
Verlag | Wagenbach |
Erscheinungsjahr | 1999 |
Bewertung | ***1/2 |
Wenn ein Spanier darüber schreibt, dass junge Männer die einst friedliche Heimat plötzlich mit Waffen verteidigen müssen, denkt man unwillkürlich an den 11. März. Doch Josan Hateros „Der Vogel unter der Zunge“, das nun in der deutschen Übersetzung vorliegt, erschien in Spanien bereits 1999.
Es geht hier also nicht um Terror. Es geht vielleicht nicht einmal um Spanien, denn es bleibt völlig offen, wo die Handlung spielt. Es geht um Krieg. Und wie universal dessen Gesetze sind, macht der Roman eindrucksvoll klar.
Hatero arbeitet häufig mit knappen Sätzen und einer aktuellen, unverblümten Sprache. So bekommt das Buch eine spürbare Körperlichkeit und tatsächlich den Jargon der Kaserne. Dort lernen sich in „Der Vogel unter der Zunge“ vier junge Männer kennen. Man will ihnen das Töten beibringen und sie aufs Sterben vorbereiten. Das bedeutet eine Belastungsprobe für die Psyche, weckt in ihnen eine Gier nach Leben – und führt in die Katastrophe. Die Angst herrscht nicht erst an der Front.
Beste Stelle: „Wir alle verändern uns. Ich jedenfalls verändere mich. Bevor ich hierher gekommen bin, war ich voller Angst, wenn ich an den Krieg dachte, und manchmal habe ich nachts geweint, wenn ich an den Tag meiner Einberufung dachte. Ich habe gebetet, dass der Krieg aufhören möge. Ich habe mir vorgenommen, zu desertieren. Und ich wäre desertiert, wenn ich genügend Mut aufgebracht hätte. Es ist seltsam, aber man braucht mehr Mut, sich zu wehren und zu desertieren, als in den Krieg zu ziehen.“