Rod Stewart – „Die Autobiografie“

Autor Rod Stewart

Promi und Spaß dabei - das macht Rod Stewart so sympathisch.
Promi und Spaß dabei – das macht Rod Stewart so sympathisch.
Titel Die Autobiografie
Verlag Heyne
Erscheinungsjahr 2012
Bewertung

Mit einem Notfall beginnt dieses Buch. Im Juli 1995 war Rod Stewart auf dem Rückweg von einem Konzert in Stockholm. Sein Flugzeug kam durch Vogelschlag in mächtige Schwierigkeiten, konnte aber notlanden.

Wäre der Sänger damals ums Leben gekommen, hätte er nicht nur die erfolgreichste Phase seiner Karriere verpasst, die mit seinem Unplugged-Album gerade erst begonnen hatte und dann in der American Songbook-Reihe ihre Fortsetzung fand. Er hätte auch weltweite Bestürzung ausgelöst. Denn Rod Stewart ist so beliebt, wie das nach mehr als 50 Jahren im Musikgeschäft eigentlich gar nicht möglich ist.

Seine gerade erschienene Autobiografie zeigt, dass es durchaus genug Leute gibt, denen er auf die Füße getreten ist, deren Herz er gebrochen oder deren Vertrauen er verspielt hat. Aber böse sein kann man dem Mann mit der Reibeisenstimme einfach nicht, der in seiner Karriere mehr als 200 Millionen Tonträger verkauft hat und gleich zweimal in die Rock’N’Roll Hall Of Fame aufgenommen wurde. Auch dafür zeigt das Buch den Grund: Für Rod Stewart wurde wohl einst das Wort „Hallodri“ erfunden, aber auch das Wort „Sympath“.

Nach der Szene mit dem Beinahe-Flugzeugcrash erzählt er chronologisch aus seinem bewegten Leben. Von der behüteten Kindheit im London der Nachkriegsjahre, seinen Lehrjahren bei Long John Baldry, den wilden Partys mit den Faces oder den Spannungen innerhalb der Jeff Beck Group. Er ist dabei witzig („Wenn Gott gewollt hätte, dass wir Yoga machen, säßen unsere Köpfe zwischen den Knien.“) und ehrlich („Ich habe mich nie auf anständige Weise von einer Frau getrennt. In der Hinsicht war ich immer ein Feigling – ein armseliger Feigling.“). Und vor allem ist er dankbar für all das Spektakel, das sich in seinem Leben vereint hat. „Aber Scheiße noch mal: Ich war ein Klempnersohn aus Nordlondon, für den das Schicksal nicht unbedingt ein glückliches Intermezzo im kalifornischen Sonnenschein mit einem schwedischen Filmstar an seiner Seite vorgesehen hatte, und ich würde den Teufel tun, auf diesen Spaß zu verzichten“, schreibt er an einer Stelle.

All die Geschichten von Autos, Drinks und Frauen, ergänzt um viele wunderbare Fotos, machen aus dieser Autobiografie ein hoch unterhaltsames Buch. In den 67 Jahren, von denen hier berichtet wird, steckt genug Spaß für drei Leben. Man kann gar nicht anders als Rod Stewart beneiden für all diese Eskapaden und Abenteuer. Zugleich gönnt man sie ihm, weil er offensichtlich selbst weiß, wie außergewöhnlich all das ist und wie viel Glück er hatte, um all das erleben zu können. Aber auch, weil er – im Gegensatz zu manch anderem Rockstar – niemals mit seinem Schicksal als Prominenter hadert, sondern voll und ganz bereit ist, die Privilegien zu genießen, die dieser Status mit sich bringt. Die Autobiografie von Rod Stewart ist so etwas wie das Handbuch für ein glückliches Rockstar-Leben.

Schöne (und meist blonde) Frauen spielen natürlich eine wichtige Rolle in diesem Buch. Doch auch hier schafft es Rod Stewart, stets charmant rüberzukommen. Er erzählt seine Frauengeschichten mit Stolz, manchmal mit schlechtem Gewissen, aber immer mit Respekt für seine Ex-Geliebten. Er ist ein Schürzenjäger, aber definitiv auch ein Romantiker.

Auch die Prunksucht, die sich in Rod Stewarts Leben einige Male gezeigt und aus ihm so etwas wie den Prototyp des Neureichen gemacht hat, findet sich hier wieder, ebenso wie sein Hang zur modischen Extravaganz (die Spötter einfach „schlechter Geschmack“ nennen) und ein eigenes Kapitel über seine Frisur (inklusive Anleitung zum Nachbauen). Trotzdem ist diese Autobiografie kein oberflächliches Buch. Der 68-Jährige spricht über seine Krebserkrankung, er thematisiert immer wieder seine Angst vorm Songschreiben und seine Unsicherheit, was seine Musik angeht (seine Markenzeichen-Stimme beschreibt er ganz unprätentiös als „Frosch im Hals“), und er räumt mit einigen Mythen und Legenden auf, beispielsweise dem Gerücht, dass er angeblich schon einen Vertrag als Fußballprofi in der Tasche hatte, seine Karriere dann aber daran scheiterte, dass er seine Schuhe nicht selbst putzen wollte.

Nicht zuletzt zeigt Rod – Die Autobiografie, wie sehr dieser Mann die Musik liebt. Im Vergleich zu vielen anderen Rockstars, die schon von Kindesbeinen an fanatische Musikfans sind, ist er zwar eher ein Spätstarter. Die Initialzündung war für ihn das erste Album von Bob Dylan, das er 1962 als immerhin schon 17-Jähriger hörte. „Diese Aufnahmen erweiterten nicht nur meinen Horizont, durch sie bekam ich überhaupt erst einen. Kein anderes Album hatte seitdem eine solche Wirkung auf mich“, sagt er. Die Musik entwickelte eine Anziehungskraft auf ihn, die ihn erst zum Beatnik, dann zum Mod machte. Und sie rettete ihn, als er nach der Schule keinen Plan für sein weiteres Leben hatte.

„Man lernt eine Menge über sich selbst, wenn man körperliche Arbeit verrichtet. Was ich über mich lernte: dass ich keine körperliche Arbeit mag“, schreibt er über einen Aushilfsjob bei einem Elektriker. Rod Stewart weiß sehr genau, dass sein Leben womöglich trotzdem in genau solchen Bahnen schnurstracks in Richtung Trostlosigkeit verlaufen wäre, wenn die Musik und seine Stimme ihm nicht eine neue Perspektive eröffnet hätten, ein Leben in Saus und Braus. Er weiß, dass er niemals auf einen solchen Werdegang hätte Anspruch erheben können, aber er hat auch keine Lust, sich dafür zu entschuldigen. Mit Esoterik hat er nicht viel am Hut, aber sein Lebensmotto könnte man trotzdem auf diese einfache Formel bringen: Liebe das Leben, dann liebt es dich zurück.

Bestes Zitat: „Das Ganze ist total vereinnahmend und rational betrachtet verrückt, es hat großen Einfluss auf meine Stimmung, positiv wie negativ, ich denke viel zu viel darüber nach und messe ihm viel zu viel Bedeutung bei. Was soll man machen? Es ist eben Fußball.“

Eine gekürzte Version dieser Rezension und eine Fotostrecke mit zehn erstaunlichen Fakten über Rod Stewart gibt es auch bei news.de.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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