Autor | Stefan Schultz |
Titel | Wer lacht, hat noch Reserven |
Verlag | KiWi |
Erscheinungsjahr | 2012 |
Bewertung | *** |
«Büro ist Krieg und Krieg ist immer ungerecht.» Diese unsterbliche Spruchweisheit stammt von einem, der es wissen muss: Bernd Stromberg. Als Abteilungsleiter der Capitol-Versicherung versetzte er bei Pro7 in fünf Staffeln seine Kollegen, Kunden und Vorgesetzten in Angst und Schrecken – und sorgte beim Fernsehpublikum für reichlich Lacher.
Mittlerweile ist gar ein Stromberg-Kinofilm in Arbeit. Zum Erfolgsrezept gehört, wie nah das Treiben in der Capitol-Versicherung am real existierenden deutschen Büroalltag ist. Dafür liefert nun Stefan Schultz einen weiteren Beweis. Er hat für Wer lacht, hat noch Reserven echte Chef-Sprüche gesammelt und kommt zu der Erkenntnis: Wir leben in einer Stromberg-Republik.
Schultz, im Hauptberuf Wirtschaftsredakteur bei Spiegel Online, hat dabei mit seinen Usern zusammengearbeitet. Tausende Arbeitnehmer kamen seinem Aufruf nach, die Weisheiten und Gemeinheiten ihrer Chefs einzuschicken. Schultz hat sie für das Buch zusammengestellt, ergänzt um kurze Kommentare.
Das ist ein großes Lesevergnügen, durchaus vergleichbar mit dem Spaß, der Lehrersprüche zu einem festen Bestandteil von Abizeitungen gemacht hat. Auch hier erwächst der Humor oft aus der Tatsache, dass der ach so eloquente Boss völlig schiefe Sprachbilder benutzt, dass der allmächtige Vorgesetzte seine eigene Unfähigkeit offenbart oder dass der Chef treffsicher und gnadenlos die Schwächen seiner Mitarbeiter ins Visier nimmt.
Mitunter wirkt Wer lacht, hat noch Reserven zwar arg wahllos zusammengestellt, was vor allem deshalb ärgerlich ist, weil hier ja ohnehin schon die Leser den größten Teil der Arbeit für den Autor geleistet haben (das Schultz damit die skrupellose und gut getarnte Untätigkeit einiger Chefs persiflieren will, muss bezweifelt werden). Neben den Chef-Sprüchen gibt es nämlich thematisch mehr oder weniger passende Zitate von historischen Figuren und aktuellen Prominenten. Dazu kommen ein Interview mit Stromberg-Erfinder Ralf Husmann und am Ende plötzlich zwei Ratgeberkapitel mit Tipps zur Selbstverteidigung gegen fiese Chefs.
Aber dank des Ansatzes, mehr zu bieten als nur schockierende, entlarvende oder amüsante Aphorismen, wartet das Buch auch mit ein paar ernsthaften und lesenswerten Hintergründe zur Arbeitswelt auf. Schultz ergründet, was Steve Jobs zu einem so vorbildlichen Chef machte. Er macht deutlich, warum viele Chefs so schlecht aufs Führen ihrer Mitarbeiter vorbereitet sind. Er lässt einen Psychologen erklären, warum es normal und sogar gut für die Firma ist, wenn der Chef ein Angeber ist, der sich selbst überschätzt. Und er liefert spannende Zahlen über das Ausmaß, in dem Angestellte längst innerlich gekündigt haben – und welchen wirtschaftlichen Schaden das anrichtet.
Das Highlight bleiben trotzdem die Einblicke in die Abgründe deutscher Büros. Am Ende der Lektüre von Wer lacht, hat noch Reserven, muss man sicher sein: Dort herrschen nicht Motivation, Fairness und Kollegialität, sondern Sexismus, Inkompetenz und Arroganz. Das Arbeiten in der Stromberg-Republik ist der blanke Horror. Und manch ein Angestellter wird womöglich froh sein, wenn der Chef selbst die Kündigung in einen Kalauer verpacken möchte: «Kommen Sie doch bitte mal in mein Büro. Es ist auch das letzte Mal.»
Bestes Zitat: «Wir machen jetzt einen Meinungsaustausch. Sie kommen mit Ihrer Meinung in mein Büro und gehen mit meiner wieder raus.»