Extraklasse On Tour Review Kritik

Extraklasse On Tour

Film Extraklasse On Tour

Extraklasse On Tour Review Kritik
Ralph Friesner (Axel Prahl, Mitte) ist als Krisenmanager gefragt.
Produktionsland Deutschland
Jahr 2022
Spielzeit 89 Minuten
Regie Sinan Akkus
Hauptdarsteller*innen Axel Prahl, Susanna Simon, Katharina Thalbach, Anton Weber, Nadine Wrietz
Bewertung

Worum geht’s?

In seinem neuen Job als Lehrer hat sich der Ex-Journalist Ralph Friesner gerade eingewöhnt. Er trauert dem Ruhm nicht mehr nach, wenn er Skandale enthüllt und Schlagzeilen gemacht hat, sondern fühlt sich mittlerweile wohl vor der Klasse. Er genießt es, junge Menschen auf ihrem Weg zu begleiten, schätzt das regelmäßige Einkommen als Festangestellter und hat nicht zuletzt mit seiner früheren Chefin angebandelt. Jetzt bekommt er mit der strengen Frau Bergmann eine neue Rektorin vor die Nase gesetzt, die den Quereinsteiger gleich aus seinen kaum gewonnenen Routinen reißt: Ralph soll ein Projekt für Problemschüler*innen leiten, die alle bereits einmal die Schule abgebrochen haben und nun mit einem Intensivcoaching auf eine neue Chance an der Abendschule vorbereitet werden sollen. Er hat zunächst wenig Lust auf diesen Job, denn eigentlich will er gerade für etwas mehr Struktur in seinem Privatleben sorgen. Doch weil sein Vertrag nur befristet ist und er sich bei der neuen Chefin beliebt machen muss, sagt er zu. Immerhin findet das Projekt in einer idyllisch gelegenen Jugendherberge am See statt und er kann so aus seiner WG fliehen, wo ihm seine Mitbewohnerin Karin mehr und mehr auf die Nerven geht. Die Herausforderung, sieben jungen Menschen mit sehr unterschiedlichen Problemen geeignete Lernstrategien beizubringen und ihnen somit doch noch irgendwie eine Tür für eine berufliche Laufbahn zu eröffnen, erweist sich allerdings als ziemlich groß. Und dann taucht auch noch Karin auf, die wegen eines Wasserschadens in der WG eine neue Bleibe braucht.

Das sagt shitesite:

Es gibt in Extraklasse On Tour eine Figur namens Keywan. Er ist einer der Schüler, die hier auf den pädagogisch rechten Pfad gebracht werden sollen, und seine Biographie ist gleich in vielfacher Weise ein Beleg dafür, wie schwierig die Ausgangsbedingungen dafür sind. Keywan ist Moslem, schwul, Flüchtling und ehemaliger Alkoholiker. „Die volle Packung, Mann!“, bekommt er prompt als Antwort, als er einem der anderen Problem-Kids seine Geschichte erzählt.

Nach diesem Prinzip funktioniert der dritte Teil der Erfolgsreihe gleich mehrfach: Im Zweifel wird lieber noch ein Schippchen draufgelegt, um Fallhöhe und Gags noch ein bisschen offensichtlicher zu machen. Die sieben Schützlinge, um die Ralph sich kümmern soll, gleichen einem Panoptikum an Handicaps, sie leiden unter Stottern und Panikattacken, sind Mobbing-Opfer, Incels oder Depressive. Damit hat der Film automatisch recht viele ernste Themen und düstere Töne für eine Komödie, gegen Ende wird dann auch noch ein Kriminalfall eingeflochten, wobei es Extraklasse On Tour mal mehr, mal weniger erfolgreich gelingt, all diese Elemente mit seiner Feelgood-Grundstimmung zu vereinen.

Das gelingt letztlich auch deshalb zumindest halbwegs, weil Axel Prahl auch diesmal in der Rolle des Lehrers überzeugt, der Kümmerer ebenso ist wie Kumpeltyp – und nicht zuletzt selbst noch Kind. Noch mehr als in den ersten beiden Teilen wird hier mit dem Kontrast zwischen vermeintlicher Respektsperson vorne am Lehrerpult und unreifem Verhalten außerhalb des Klassenzimmers gespielt. So sehr Ralph darauf aus sein muss, Autorität und Seriosität auszustrahlen, so sehr gleichen seine Lebensumstände denen eines jungen Menschen, der seine Rolle in der Welt noch längst nicht gefunden hat. Er fährt Fahrrad statt Auto, er lebt in einer WG statt im gemeinsamen Haushalt mit seiner Partnerin – und als er den Gedanken fasst, dort vielleicht auszuziehen, traut er sich nicht einmal, das seiner dominanten Mitbewohnerin mitzuteilen (woraus der Film einen wenig amüsanten Neben-Plot zu machen versucht).

Gelungen sind auch ein paar Nebenfiguren wie der verstrahlte Herbergsvater sowie Seitenhiebe auf Teambuilding-Albernheiten, wie sie gerne auch in Seminaren für Management-Führungskräfte umgesetzt werden. Die größte Stärke ist, dass Regisseur Sinan Akkuş und Drehbuchautor Gernot Gricksch der Ausgangssituation so begegnen, wie es Ralph Friesner als ihre Hauptfigur tut, nämlich mit viel Empathie und Fingerspitzengefühl. Die Figuren sind keine Klischees und die Dialoge verwandeln sich nicht in eine Pointen-Jukebox. Stattdessen werden die Menschen und ihre Probleme ernst genommen. Das ist ja schon was.

Bestes Zitat:

„Jeder Mensch braucht eine Chance. Und manchmal eben mehrere.“

Der ganze Film in der ZDF-Mediathek.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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