Künstler | Fights And Fires | |
Album | Live Life Like A Tourist | |
Label | Lockjaw Records | |
Erscheinungsjahr | 2017 | |
Bewertung |
“I cut my hair / but nothing seems to change”, singt Philip Cox in Camping, ziemlich genau in der Mitte des dritten Albums von Fights And Fires. Hinter seinem Versuch, ein besserer Mensch zu werden, steckt hier eindeutig nicht nur ein vager Wunsch, sondern ein sehr ernsthaftes, verzweifeltes Bestreben, das die Hardcore-Band aus Worcester schon auf den zwei vorangegangenen Longplayern ausgezeichnet hatte. So ganz stimmt die Behauptung, nichts würde sich verändern, im Fall von Live Life Like A Tourist allerdings nicht: Die Platte ist so etwas wie ein Neubeginn für das 2008 gegründete Quartett.
„Es hat sich einiges verändert“, räumt auch Philip Cox ein. „In der Zeit zwischen diesem und unserem letzten Album haben wir es alle geschafft, unser privates Leben auf die Reihe zu kriegen. Wir sind jetzt einfach zufriedenere Menschen, was dazu führte, das auch die Liebe zu unserer Musik wieder entflammte.“ Auch Schlagzeuger Lee Jackson bestätigt diese Mentalität eines zweiten Frühlings kurz vor dem zehnten Jahr des Bestehens von Fights And Fires: „Wir hatten einen Sinneswandel. Wir sind an den Punkt gekommen, an dem wir keinen Bock mehr hatten, in einer Band zu sein. Wir hatten diese naive Vision, immer versuchen zu müssen, erfolgreich zu werden, und haben dabei den wichtigsten Teil aus den Augen verloren: gemeinsam mit seinen Freunden eine gute Zeit und Spaß zu haben.“
Wie gut das mittlerweile wieder funktioniert, zeigt Live Life Like A Tourist wunderbar auf. Der Gegner in Take A Swing At The World ist tatsächlich die ganze Welt, trotzdem sollte man nicht zu sicher sein, dass Fights And Fires wirklich ohne Chance sind bei der ganzen Wucht, die sie hier mitbringen. Kibosh passt ebenfalls ins Modell von Frustration, die ein Ventil sucht. Der Auftaktsong Reggae ist natürlich kein Reggae, sondern Punkrock, etwa im Stile von Bad Religion, „I just wanna be set free“, singt Cox, letztlich geht es um die Erkenntnis, dass sich all die Hoffnungen nicht erfüllen, die man als Kind und Teenager ans Erwachsensein geknüpft hatte – am wenigsten die, dass man dann alles im Griff habe.
„You’re the awkward kid that will never fit in“, heißt es passend zu diesem Gedanken in Awkward, und diese Rolle kennen natürlich auch die vier Engländer selbst, so schnell, giftig und brutal klingen sie hier. Dass sie zu ihren Einflüssen nicht nur The Bronx und Rocket From The Crypt zählen, sondern auch vergleichsweise softere Acts wie Status Quo und Thin Lizzy, zeigt beispielsweise Church Bells, das unter anderem mit sehr coolem Stopp-Effekt von den unverhofften Freuden des Heiratens handelt. Auch in Hard To Dream steckt erstaunlich viel Sehnsucht. Man ahnt: Das würde auch als Ballade funktionieren, aber Balladen erscheinen undenkbar, wenn man so eine Berserker-Stimme hat wie Philip Cox. Ganz am Ende wird man bei diesem Verdacht eines Besseren belehrt, denn das feine Ouija Board zeigt: Balladen gehen doch bei Fights And Fires, sogar ein Liebeslied geht.