Fine Coldblooded

Fine – „Coldblooded“

Künstler*in Fine

Coldblooded Fine Review Kritik
Mit ihren beiden Brüdern musiziert Fine.
EP Coldblooded
Label Mightkillya
Erscheinungsjahr 2021
Bewertung Foto oben: Mightkillya

Fünf Songs umfasst die erste EP von Fine, einem Trio aus einer Kleinstadt im Westen Deutschlands. Ganz am Ende des letzten Liedes ist ein Filmzitat zu hören, in dem es um Selbsterkenntnis geht. Und auch, wenn man (wie ich) nicht zuordnen kann, aus welchem Film das nun genau stammt, leuchtet trotzdem sofort ein, warum Fine genau diesen Schlusspunkt gewählt haben. Denn neben viel Sensibilität, feinen Melodien und der einnehmenden Stimme von Fine, die im besagten EP-Abschluss Like Roses am meisten Raum bekommt und manchmal an Tracey Thorn von Everything But The Girl denken lässt, beeindruckt die Band vor allem mit ihrer Souveränität.

Sängerin Fine (21) und ihre beiden älteren Brüder, die hier gemeinsam musizieren, wissen offensichtlich sehr genau, was sie können und was sie wollen. Das Geschwister-Trio hat es in keinem Moment dieser EP nötig, angeberisch oder auch nur plakativ zu sein. Die Musik ruht in sich, ohne selbstgefällig oder langweilig zu sein, die Band scheint die Gewissheit zu haben, dass sie sich Zeit lassen kann, ohne dass Coldblooded deshalb unambitioniert wäre.

Beware eröffnet die EP, der Text ist eine Warnung von (vielleict auch: vor) Frauen, die gegen das Patriarchat kämpfen und dabei kein Problem haben, notfalls auch ein paar Knochen zu brechen. Die Musik dazu ist erstaunlich entspannt, mit ein paar asiatischen und einigen elektronischen Elementen, aber irgendwo darunter ahnt man trotzdem die Bereitschaft zu Brutalität. Masturbating To The Sunset erweist sich später nicht nur im Songtitel als gewagt, es vereint etwas Rap mit viel Minimalismus.

Der Titelsong Coldblooded zeigt eine besondere Stärke von Fine: Die Gitarre ist beim Komponieren genauso selbstverständlich wie der Synthesizer, keins von beiden geht auf Konfrontation zueinander oder drängt sich in den Vordergrund. So entstehen in diesem Lied, das von toxischer Männlichkeit erzählt, ein Refrain, der zerbrechlich und zugleich groß ist, und eine sehr coole Attitüde, die auch gut zu Billie Eilish passen würde. Ein weiterer Höhepunkt ist Air. Das Stück spekuliert, ob Schmerz vielleicht einfach so etwas wie die Luft ist, die uns umgibt: immer da, mal merkt man es mehr, mal weniger. Fine setzen das sehr lässig und erwachsen um, auch der Rest von Resignation ist hörbar, der unausweichlich in so einem Gedanken steckt. Da ist sie also wieder, die Selbsterkenntnis.

Beziehung sind manchmal wie ein Unfall mit Totalschaden, zeigt der Clip zu Coldblooded.

Fine bei Instagram.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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