Auf Italiener ist man hier zu Lande ja gerade nicht besonders gut zu sprechen. Ihre Fußballmannschaften bescheren unseren Teams regelmäßig Blamagen. Ihre Politiker tragen T-Shirts mit Mohammed-Karikaturen. Und der Rest von ihnen kommt nicht einmal zu Olympia, um unseren Wintersport-Assen die ihnen gebührende Aufwartung zu machen.
In einem Punkt aber, das muss man zugeben, haben die Italiener kein bisschen von ihrer Beliebtheit eingebüßt: Dass sie traumhaft schöne Autos entwerfen können, spricht ihnen keiner ab.
Auch mit dem Alfa Romeo 159 ist ihnen das gelungen. Die Sportlimousine verbindet Temperament und Eleganz so symbiotisch wie sonst kaum ein Modell. Der von Giugiaro entworfene 159 ist ein Hingucker: Ein kleiner Spoiler am Heck, drei runde Scheinwerfer als Leuchtengruppe vorn und muskulöse Flanken – das sind die kleinen Details, die das Auto so attraktiv machen.
Auch im Innern kann man nicht satt sehen an schönen Formen: Tacho und Drehzahlmesser, silbern eingefasst, dominieren im Blickfeld. Die Mittelkonsole ist zum Fahrer hin geneigt. Das im Dunkeln rot leuchtende Armaturenbrett bietet einen spektakulären Anblick.
Dabei ist der 159 aber keines von den Geschöpfen, die toll aussehen, sich im Umgang aber als äußerst schwierig erweisen. Im Gegenteil: Einfachheit ist Trumpf – in einem fast ungewohnten Maße. Auf Sperenzchen verzichtet der 159. Wo bei manchem Mitbewerber viele kleine Knöpfe vor der Fahrt zum Studium des Bordhandbuchs zwingen und auf der Strecke zur Ablenkung verleiten, gibt es hier gerade einmal drei ebenso altmodische wie zweckmäßige Regler für die serienmäßige Klimaanlage. Darunter noch vier weitere Knöpfchen und zwei ins Lenkrad integrierte Bedienelemente, die an die Steuerkreuze von Joypads (und den damit verbundenen Spaß) erinnern – das war’s.
Auch sonst kann sich der Fahrer aufs Wesentliche konzentrieren: Tempomat, Einparkhilfen, elektrisch verstellbare Sitze? Das alles gibt es zwar gegen Aufpreis. Aber man kann auch getrost darauf verzichten – und mal wieder genießen, dass hier wirklich noch ein Fahrer notwendig ist, um das Auto zu bewegen.
Dieses Gefühl setzt sich fort, wenn man erst einmal den Start-Knopf gedrückt hat. Die Sechsgangschaltung rastet nicht unsanft, aber spürbar ein; man merkt, dass man hier dem Getriebe Anweisungen gibt. Das straff abgestimmte Fahrwerk gibt ebenso erfreuliche Rückmeldung, und die Lenkung lässt in punkto Präzision keine Wünsche offen.
Dazu ist der Alfa auch noch alltagstauglich. Durch den um 10,5 Zentimeter gewachsenen Radstand gibt es mehr Beinfreiheit im Fond. Der Kofferraum hat ebenfalls zugelegt und fasst nun 405 Liter. Auch von der Leistung her überzeugt die Limousine. Der 1,9-Liter-Motor mit 160 PS ist unter den drei verfügbaren Benzinern zwar der schwächste, lässt aber dennoch sportliches Fahren zu. Der 159 wird damit kein Sprintweltmeister, dafür entfaltet der Vierzylinder seine Kraft sehr gleichmäßig und hält auch bei hohem Tempo noch Reserven bereit.
Die Freude am Fahren wird nur durch ein paar Kleinigkeiten getrübt. Das Handschuhfach ist klein; auch an Ablageflächen herrscht Mangel. Zudem ist die Rundumsicht bescheiden. Die enorm breite B-Säule stört nicht nur, wenn man nach einer hübschen Signorina, sondern auch wenn man beim Abbiegen oder Überholen nach freier Fahrt Ausschau halten will. Für eventuelle Gefahrensituationen ist der 159 aber gewappnet: ABS, ESP und sieben Airbags sind serienmäßig. Außerdem machen die großen Außenspiegel einiges wieder wett.
Vielleicht das entscheidendste Manko: Der 159 ist recht durstig. 9,6 Liter Super verbrauchte der Vierzylinder-Motor im Test. Aber wer „Alfa“ sagt, muss eben auch „Benzina“ sagen.