Künstler | Fuck Art, Let’s Dance | |
Album | Forward! Future! | |
Label | Audiolith | |
Erscheinungsjahr | 2017 | |
Bewertung |
Man könnte Fuck Art, Let’s Dance – einer Band, die das Explizite und Provokante mag – das durchaus zutrauen. Aber das Bild auf dem Cover von Forward! Future! stammt nicht vom G20-Gipfel in ihrer Heimatstadt Hamburg, sondern von einer Demonstration in Berlin im Jahr 1982. Das Gefühl des Aufbegehrens ist auf dem zweiten Album von Nico Cham (Gesang, Gitarre), Romeo Sfendules (Gitarre), Tim Hansen (Schlagzeug) und Damian Palm (Bass) dennoch sehr präsent: Immer wieder blicken sie hier auf den kritischen Zustand der Welt, niemals aber erlauben sie sich, den Kopf in den Sand zu stecken.
Das wichtigste Element dabei ist nach wie vor die Komponente, die schon im Bandnamen steckt: Tanzen. Selbst ein Instrumental wie These Dreams Promised In Our Early Days, das die Platte abschließt, geht bei Fuck Art, Let’s Dance noch in die Beine, beinahe jeder andere Song ist wie gemacht für die Indie-Disco. Allerdings ist es, anders als der Albumtitel Forward! Future! suggeriert, eine Indiedisco circa aus dem Jahr 2005. Die Helden von damals und ihr Sound mit Stakkato-Gitarre, tanzbarem Beat und komplexen Kompositionen sind hier wie schon auf dem Debüt Atlas omnipräsent. Art-Rock hat man damals dazu gesagt, worauf womöglich auch der Bandname des 2009 gegründeten Quartetts anspielt.
Der Titelsong gleich zum Auftakt der Platte lässt an LCD Soundsystem oder Foals denken, Forward! Future! ist entschlossen und zugleich mit erfreulicher Lust auf Entertainment ausgestattet. Die Single Übersleep würde perfekt zu Klaxons passen, auch wegen des Themas einer (womöglich chemisch bedingten) Schlaflosigkeit. Der Frust über die Zeile „I will never sleep“ ist dabei ebenso echt wie die Entschlossenheit, sich über diesen Frust hinwegzusetzen. In Homesick steuern Fuck Art, Let’s Dance sehenden Auges in etwas, das sie bereuen werden, zu einem Sound, der Maximo Park heraufbeschwört. Das wunderbare Trial & Error könnte man sich sehr gut von den Rakes vorstellen. So wie Vicious Circle würden Lieder der Editors klingen, wenn sie in der Lage wären, eingängige Refrains zu schreiben.
Das ist durchweg gut gemacht und kurzweilig, auch die Direktheit der Platte, die Fuck Art, Let’s Dance in nur vier Tagen live eingespielt haben, ist eine Stärke von Forward! Future! Was allerdings fehlt, ist die Abwechslung. Menthol ist als Beispiel dafür einer der Momente, die zwar leidlich funktionieren, aber nach Schema F klingen. Ausnahmen sind etwa Never Forget, das trotz des straighten Beats etwas melancholisch wirkt. Auch das hübsche All We Need hebt sich vom Durchschnitt des Albums ab, denn erstmals gibt es hier so etwas wie Gelassenheit, erstmals herrscht kein Ausnahmezustand.
Das hier auf Albumlänge die nötige Dynamik fehlt, wird vor allem dann deutlich, wenn die Lieder einen Tick zu lang sind und sich, was hier mehrfach vorkommt, noch etwas hinschleppen, als die Spannung schon raus ist. Etwa Field Of Our Young Believers merkt man das an, das etwas unentschlossen wirkt, auch das etwas hohle We Expect The Dawn ist so ein Schwachpunkt. So gut Fuck Art, Let’s Dance ihr Metier beherrschen, so sehr bleiben sie hier in ihrer Komfortzone. Was Forward! Future! zum Besonderen fehlt, ist der Wille, auch mal durchzudrehen, etwas Verrücktes zu machen und auf Coolness zu scheißen.
Ich glaub, sie stehen im Wald: das Video zu Forward! Future!
Im Herbst gibt es reichlich Konzerte von Fuck Art, Let’s Dance.
29.09.2017 Berlin, Berghain Kantine
30.09.2017 Hannover, Café Glocksee
05.10.2017 Leipzig, Werk 2
06.10.2017 Wiesbaden, Schlachthof
07.10.2017 Nürnberg, Club Stereo
12.10.2017 Dresden, Ostpol
13.10.2017 München, Feierwerk
14.10.2017 Stuttgart, Kellerklub
19.10.2017 Würzburg, Cairo
20.10.2017 Köln, Bumann & Sohn
21.10.2017 Braunschweig, Nexus
27.10.2017 Flensburg, Volksbad
28.10.2017 Hamburg, Molotow