Im Futter für die Ohren hat Shitesite diesmal ausschließlich Acts aus deutschsprachigen Landen versammelt. Den Auftakt macht eine Sängerin mit Heimvorteil: June Coco lebt in Leipzig, in einer Woche erscheint ihr zweites Album Fantasies & Fine Lines, begleitet wird das von einer umfangreichen Tour, die am 9. November mit dem Heimspiel in der naTo beginnt. Die klassisch ausgebildete Sängerin und Pianistin war in der Messestadt eine ganze Weile in Hotelbars tätig, dort spielte sie unter anderem für George Clooney und mit Udo Lindenberg. Die virtuell anwesende Prominenz in ihrer Musik, also die expliziten Vorbilder der Künstlerin, sind Amanda Palmer und Regina Spektor. Mit der Single Neptune’s Daughter (***1/2) kann man sich davon einen Eindruck machen. Der Song hat es auf Spotify schon auf sechsstellige Abrufzahlen gebracht und wird jetzt auch durch ein Quasi-Live-Video ergänzt, das ebenfalls in Leipzig aufgenommen wurde. Die Tochter des Meeresgottes träumt darin von der Flucht aus ihrer gewohnten Umgebung und wagt sich in weit entfernte Gewässer. Die Konfrontation mit dem Unbekannten hilft ihr, die eigene Identität weiterzuentwickeln. Sowohl den großen Reiz des Neuen als auch die kleine Furcht davor hört man dem Song wunderbar ein. „Es ist ein Thema, dass sich bewusst durch das Album zieht. Dieses Zu-sich-selbst-Finden“, sagt June Coco dazu. „Man hat so oft das Gefühl, dass alle nur noch durch die Tage getrieben werden. Alles prasselt auf einen ein, alles ist hektisch, die Nachrichten, die Kommunikation, das Stadtleben – ich möchte mit meiner Musik einen Ausweg daraus aufzeigen.“
Schon zum dritten Mal gehen Fortuna Ehrenfeld mit dem aktuellen Album Helm ab zum Gebet auf Tour, die Venues werden dabei immer größer und auch die Schweiz, Österreich und Italien stehen diesmal für Martin Bechler, Jenny Thiele und Paul Weißert auf dem Programm. Geboten werden sicherlich „Pop, Beats, Witz, Sehnsucht“ (Rolling Stone), auch die Lieder der EP Die Lieder vom Regenradar und den Mandelviolinen wird das Trio aus Köln im Gepäck haben. Für noch etwas mehr Rückenwind dürfte das jetzt veröffentlichte Video zu Bad Hair Day (****1/2) sorgen, das mit Lutz Heineking und dem Team von Eitelsonnenschein entstanden ist. Neben unnachahmlichen Versen wie „Wenn die Frösche immer alle nur tanzen wollen / bumst halt keiner mehr den albernen Prinz“ gibt es darin reichlich PS-Action und verstörende Bilder von Kleingartenanlegen vor Kohlekraftwerken. Einmalig.
Sogar bis in die USA führt die kommende Konzertreise von Klaus Johann Grobe. Die Schweizer touren mit dem aktuellen Album Du bist so symmetrisch. Zur Reisevorbereitung des Duos gehört die nicht auf dem Album befindliche Single Downtown (***1/2). Das scheint einen Ort zu beschreiben, der eine mystische Anziehungskraft hat und an dem Vieles möglich ist – an dem man sich aber vor allem in Flip Flops tanzend durchs Leben bewegt. „Downtown musste noch sein, um uns abschließend mit der Discomaterie zu befassen. Es war halt noch nicht zu Ende gedacht. Aber jetzt hat uns Alex Gopher gemastert und wir haben ein Saxophon-Solo. Nun gucken wir weiter, es gibt ja noch viel anderes Interessantes zu tun!“, sagen Klaus Johann Grobe. Bis zu Glamour und Privatjet, die das dazugehörige Video prägen, kann es da nicht mehr weit sein für diese Band. Neben dem Radio-Edit gibt es übrigens noch eine hörenswerte längere Version mit dem erwähnten Saxofonsolo (und einem Flötensolo obendrein).
Demons tragen Yeah But No demnächst durchs Land, denn so heißt das zweite Album des Duos aus Berlin. Die Erfahrungen zahlloser Konzerte seit dem selbstbetitelten Debütalbum vor gut zwei Jahren sind darin natürlich eingeflossen. Passend zur Tour heißt die aktuelle Single Run Run Run (***). Dass man im Video immer wieder Oberflächen sehen kann, unter denen sich mysteriöse Bewegungen abspielen, ist eine schöne Entsprechung des Sounds von Douglas Greed und Fabian Kuss. Auch die Bandbreite des Duos von einem Bronski-Beat-Beginn bis zu einem eher im Techno zu verortenden Finale des Tracks findet sich hier wieder. Am 15. Februar 2020 spielen Yeah But No in der Moritzbastei in Leipzig.
Seltsame Outfits in den Videos, das kennt man schon von Blond. Im Fall von Autogen (***) werden diese besonders wild durchgeschüttelt, bei seltsamen Tanzbewegungen in Herbstlaub, Wald und Wiesen. Das ist so originell und besonders wie alles, was die Chemnitzer bisher vorgelegt haben, gefällt sich hier aber ein bisschen zu sehr im Nachstellen von schräger Disco-Ästhetik. Dass Entspannung niemals auf Knopfdruck und als Leistungssport funktionieren kann, haben sie natürlich treffend erkannt – und als weiterer Anheizer für das am 31. Januar 2020 erscheinende Debütalbum funktioniert der Song natürlich ebenfalls glänzend.