Im September wird das neue Album von Bat For Lashes – aka Natasha Khan – erscheinen. Lost Girls ist ihr fünfter Longplayer, und nicht nur wegen einstiger Großtaten wie The Haunted Man darf man sich sehr darauf freuen. Natasha Khan will diesmal noch ein bisschen persönlicher werden, kündigt sie an, und sich auf dem in Los Angeles entstandenen Werk insbesondere mit den Dingen beschäftigen, die ihr Aufwachsen in den 1980er und 1990er Jahren geprägt haben. Rund um die von ihr erdachte Figur der Nikki Pink erzählt sie von aufmüpfigen Motorradfahrerinnen, Knutschen auf Motorhauben und einer sehr kraftvolle Interpretation von Weiblichkeit. Wie das gemeint ist, zeigt Kids In The Dark (***1/2) als Vorgeschmack. Die Eighties sind hier nicht nur in Gedanken präsent, die Stimme erinnert manchmal gar an Annie Lennox und Zeilen wie „Let’s take it down / to the heart / let’s take it down / to where the loving starts / where we’re just kids in the dark“ könnten kaum romantischer sein. Die Idee, ihr Dasein als Songwriterin und Popsängerin zu nutzen, um sich eine ganz eigene Welt zu erschaffen, ist hier jedenfalls erneut sehr ausgeprägt. Zugleich zeigt das Lied (zumindest im Text), dass es diesmal bei Bat For Lashes wieder etwas dynamischer und manchmal auch provokanter zugeht als beim Vorgänger The Bride. Wenn Natasha Khan fragt „Are you afraid of Lost Girls?“, sollte es jedenfalls nur eine denkbare Antwort geben.
Die Idee hat ja schon öfter gut funktioniert, wenn du ein etwas verschrobener Typ aus Liverpool mit einem Händchen für gute Melodien bist: Finde ein paar Kumpels, gründe eine Band, schreibe ein paar tolle Lieder, und schon bist du von schönen Frauen umgeben. Für Matthew „Murph“ Murphy hat das als Frontmann der Wombats bestens geklappt, nun beweist er, dass das Prinzip auch dann wirkungsvoll bleibt, wenn er ganz alleine agiert. Love Fame Tragedy heißt sein Soloprojekt, und die erste Single My Cheating Heart (***1/2) singt er gemeinsam mit Model Maddi Jean Waterhouse, die auch im Video zu sehen ist. Das Lied ist keine radikale Abkehr vom Sound (oder den Themen) der Wombats, insbesondere in der Strophe aber ein gutes Stück schroffer und noch etwas mutiger in der Synthese von Gitarrenarbeit und elektronischen Klängen. Der Song ist eine Kostprobe für die Debüt-EP mit dem schönen Titel I Don’t Want To Play The Victim, But I’m Really Good At It, die im September erscheinen wird. Dann wird es auch die Gelegenheit geben, Murph als Solokünstler live zu erleben, beispielsweise am 14. September im MAZE in Berlin. Aufgenommen wurden die neuen Songs in London und Los Angeles, so ganz alleine war der Sänger bei seinem Soloprojekt (das er nach einer Pablo-Picasso-Ausstellung in der Tate Modern benannt hat) allerdings nicht: Zu den Gästen der EP zählen beispielsweise Joey Santiago (Pixies), Matt Chamberlain (Soundgarden, Smashing Pumpkins, Pearl Jam) und Gus Unger-Hamilton (Alt-J).
Nicht aus Houston, sondern aus Chicago kommen Whitney (pardon the pun). Am 30. August wird das Duo sein zweites Album Forever Turned Around vorlegen. Auch Julien Ehrlich (Gesang und Schlagzeug) und Max Kakacek (Gitarre) haben mit dem Vorgänger Light Upon The Lake (2016) die Latte ordentlich hoch gelegt. Nimmt man den Vorab-Track Giving Up (****) zum Maßstab, scheinen sie dieses Niveau aber mühelos halten zu können. Das Lied wird das von Brad Cook (Bon Iver) und Jonathan Rado (Foxygen) coproduzierte Album auch eröffnen und nimmt die Tücken (und Freuden) einer Langzeitbeziehung in den Blick. Der sanfte, versöhnliche Sound profitiert sehr von den Streicherarrangements, die Macie Stewart beigesteuert hat. Dazu kommt eine schöne Verspieltheit, dank der sich der Song in der zweiten Hälfte beinahe noch einmal neu erfindet. Als wichtigste Themen für das Album, das Whitney schon vorab bei drei Festivals in Deutschland vorstellen werden, bevor im November eine eigene Tour mit Stationen in Köln, München und Berlin folgt, benennt die Band Vergänglichkeit, Zweifel, Liebe und Freundschaft. Man darf gespannt sein.
Was früher die Kamikaze Girls waren, ist jetzt Cultdreams. Das britische Duo hat sich umbenannt und bringt am 16. August mit Things That Hurt sein zweites Album heraus. Für die erste Single We Never Rest (***1/2) haben sie sich Verstärkung von Katie Dvorak und David F. Bello von The World Is A Beautiful Place And I Am No Longer Afraid To Die geholt. Gemeinsam widmen sie sich den Schwierigkeiten des Außenseiter-Lebens. Sängerin und Gitarristin Lucinda Livingstone erklärt: „Von den Menschen wird immer erwartet, dass sie einen festen Arbeitsplatz haben, so viel Geld wie möglich verdienen und einen sogenannten ‚traditionellen heteronormativen Lebensstil‘ führen. Ich persönlich lebe in einer Blase – die Menschen um mich herum kümmert es nicht, wie ich lebe, mit wem ich lebe, wie viel Geld ich verdiene oder nicht verdiene, wie ich aussehe oder wie ich meine Zeit verbringe. Es ist so einfach, sich an diese sichere Blase zu gewöhnen, doch wenn man erst einmal draußen ist, ist das alles nicht mehr so.“ Entsprechend bedrohlich ist das Video, in dem seltsame Farben und Wolken bei einem Waldspaziergang die Botschaft von „Just don’t worry / keep on going / everything is fine“, sofort Lügen strafen. Diese Suche nach Orientierung in einer Welt, die es den Unangepassten immer schwerer macht, prägt auch das Album. Bei Songtiteln wie Born An Underdog, Not My Generation oder Don’t Let Them Tell You Otherwise darf man wohl nichts weniger als ein Manifest erwarten.
Gleich in zwei Versionen legen Tycho ihren neuen Song Japan (***) vor, der die Wartezeit auf das fünfte Album Weather (erscheint am 12. Juli) verkürzen soll. Das Lied gibt es einerseits als Single mit dem sehr hübschen Gesang von Hannah Cottrell (Saint Sinner), andererseits als Instrumental-Track. „Ähnlich wie bei Pink & Blue sind die Instrumentalversionen nicht nur die Songs mit ausgeblendetem Gesang, sondern enthalten auch andere Arrangements mit unterschiedlichen Besetzungen und Melodien anstelle des Gesangs. Ich wollte die Idee erforschen, sich Songs aus zwei völlig unterschiedlichen Perspektiven zu nähern“, sagt Scott Hansen, der Kopf hinter diesem Projekt. Als Gesangsversion klingt das entspannt und sehnsüchtig, zugleich ist in Japan aber auch eine Unrast und Besorgnis zu erkennen, die sich eben häufig am Ende einer Reise breit macht. Auch für den Songtitel hat der Kalifornier eine sehr schlüssige Erklärung: „Ich war gerade von einem Aufenthalt in Hakone, Japan, mit den japanischen Verwandten meiner Frau zurückgekehrt und dachte viel über die Arten von elektronischen Musikinstrumenten nach, die ich benutzt hatte, als ich Ende der Neunziger anfing, Musik zu machen. Mit Japan versuchte ich, einen Teil dieses Sounds zurückzuerobern und ihn mit den Bildern und Erfahrungen meiner Reise nach Hakone zu kombinieren. Ich schickte das Lied an Hannah mit nichts anderem als dem Titel, und sie schrieb alle Texte.“ Das Video hat Hansen, der auch ein sehr erfolgreicher Grafikdesigner ist, nicht selbst gestaltet, sondern stattdessen auf Bilder von Regisseur Charles Bergquist zurückgegriffen (und japanische Untertitel draufgepackt). Im Februar kann man Tycho in Hamburg, Köln und Berlin auch live in Deutschland erleben.