All Is Well (***) heißt das Lied, mit dem Vivie Ann ihre Fans als Gratis-Download auf ihrer Website beglückt. Das ist vielleicht ein Versuch, sich selbst gut zuzureden, denn die Wahl-Hamburgerin sagt: „Angst ist einer meiner stetigen Begleiter. Und das ist auch gut so. Ich sehe sie nicht als etwas durchweg Negatives. Es ist wichtig, ihr einen Platz einzuräumen, aber genauso wichtig ist es, sie gehen zu lassen und nach vorne zu schauen.“ Man hört dieses Element der Verunsicherung dem Lied an, das nicht blind nach vorne prescht oder den Himmel stürmt, aber dennoch Optismus und Entschlossenheit ausstrahlt. Die Musik dazu ist betont analog, alles hat Vivie Ann gemeinsam mit ihrer Band live aufgenommen. Das ist Ehrensache für die 24-Jährige, die einer Künstlerfamilie entstammt: „Für mich gab es nie eine Alternative! Schon immer wollte ich Sängerin – und vor allem: Songwriterin werden“, sagt sie. Schon mit 12 schrieb sie erste Lieder, für August/September ist jetzt ihr Debütalbum angekündigt, das sie über Crowdfunding finanziert hat. Was man angesichts dieses Vorgeschmacks als gute Nachricht verstehen kann.
Auch Peter, Björn and John wollen mit einem Free Track die Lust auf ihr anstehendes Album steigern. Breakin‘ Point wird die Platte heißen, die am 10. Juni rauskommt und eine fünfjährige Sendepause der Band beendet. Als Produzenten haben die Schweden unter anderem ihren Landsmann Patrick Berger (Icona Pop, Robyn) ins Boot geholt, aber auch Greg Kurstin (Sia, Adele), Emile Haynie (Lana Del Rey, FKA Twigs, Kanye West), Pontus Winnberg (Miike Snow) und Thom Monahan (Wild Nothing, Devendra Banhart) gewonnen. „In großer Gesellschaft an einem Tisch zu sitzen ist weitaus anregender als nur unter sich zu sein“, erklärt Björn dieses ebenso große wie namhafte Ensemble. „Wir haben uns die Leute bewusst ausgesucht. Vor jedem von ihnen haben wir großen Respekt. Wir wollten Popmusik machen, die relevant fürs Hier und Jetzt ist, nicht geleitet von unseren Fantasievorstellungen, was wir für relevant halten. Dabei haben wir gelernt, nicht auf irgendetwas zu beharren. Du musst ein Ziel anpeilen, was uns zunächst ein wenig Angst gemacht hat.“ Mitgewirkt hat auch Paul Epworth (Florence And The Machine, U2, Paul McCartney), der beispielsweise Dominos (***) betreut hat, das es derzeit bei Soundclous kostenlos zum Runterladen gibt. Mit dem gleichnamigen Track von The Big Pink hat das nur die Thematik des reihenweisen Umfallens gemeinsam. Ansonsten gibt es Elektro-Alarm, Bee-Gees-Gesang und ein Piano-Riff, das zu Beginn noch zentral erscheint, dann aber von Tausend anderen Sounds zerfetzt wird. Sehr kurzweilig.
Noch einen Schritt weiter gehen The Fall of Troy. Sie haben gerade bei einer neuen Plattenfirma unterschrieben (Big Scary Monsters) und verschenken zur Feier des Tages gleich ihr neues Album OK (***) auf ihrer Website. Keine Ahnung, ob das Label das gut findet, aber Fans von schlauem Metal ohne Genre-Scheuklappen, der manchmal nicht nur zum Haareschütteln, sondern auch zum Kinnkratzen taugt, dürften an den zehn Tracks in jedem Fall große Freude haben. „We give this album to you now for free, because we know that you deserve it. Rather than try to squeeze every penny from people who have given us opportunities beyond our wildest dreams, we wanted to give you a gift, for all the gifts you’ve given us over the years“, begründet die Band übrigens ihre Großzügigkeit. Wer möchte, kann allerdings eine Spende hinterlassen, oder die Band demnächst live unterstützen: Ende August kommen The Fall Of Troy zusammen mit Tiny Moving Parts für fünf Konzerte nach Deutschland.
Yalta Club (nicht von der Krim stammend, sondern aus fünf Franzosen und einer Deutschen bestehend) haben ihre Deutschland-Tour schon im März hinter sich gebracht. Ihr bereits 2013 erschienenes Album (das so heißt wie die Band) ist natürlich immer noch hörenswert, erst recht gilt das für den Song Love (****), den sie auf ihrer Website als kostenloses MP3 mit der Welt teilen und den sie nach den Pariser Attentaten im Januar 2015 geschrieben haben. Grandios viel Lebensfreude steckt da drin, die Verwirrung und Erschütterung nach dem Anschlag scheint sich allerdings auch widerzuspiegeln, nämlich in den herrlich chaotischen Percussions. Dass sie LCD Soundsystem und M.I.A. zu ihren Vorbildern zählen, leuchtet sofort ein. Auch alle, die sich schon immer eine etwas zupackendere Version von Friendly Fires gewünscht haben, sollten schleunigst mal im Yalta Club vorbeischauen.