Futter für die Ohren mit Von Wegen Lisbeth, Fettes Brot, SaraJane, Martha und K. Flay

Von Wegen Lisbeth Lieferandomann Review Kritik
Von Wegen Lisbeth
mögen es schräg. Foto: Check Your Head/Nils Lucas

Über die Unverzichtbarkeit von Pizza (und andere Themen) hatte ich 2016 in Interview mit Von Wegen Lisbeth gesprochen. Passenderweise heißt die Single, mit der sie nun die Kampagne zum zweiten Album eröffnen, Lieferandomann (***1/2). Es ist einerseits ein Eifersuchtsdrama, andererseits wird hier die Tatsache besungen, dass man vermeintliche Flirts auch in den unmöglichsten Situationen wittern (oder ihnen nachtrauern) kann, wenn man es sich nur stark genug einbildet. „Alles wächst, wenn man es gießt“, heißt die Quintessenz, begleitet von einem herrlich schrägen Video (in dem auch Pizza eine Rolle spielt). Der Nachfolger zum Mega-Debüt Grande wird dann am 3. Mai erscheinen und den verheißungsvollen Titel sweetlilly93@hotmail.com tragen. Wieder geht es den Berlinern darum, in ihrem Alltag ein paar Dinge zu erkennen, die sehr privat oder persönlich wirken, dabei aber auch typisch für diese Zeiten und ihre Generation sind. Im Herbst gibt es dann auch eine Tour, am 27. Oktober werden Von Wegen Lisbeth dabei auch im Haus Auensee in Leipzig zu Gast sein.

Derzeit sind Fettes Brot ja bereits auf Lesereise, ab Oktober gehen sie dann auch wieder in ihrem angestammten Beruf als Musiker auf Tour. Mit im Gepäck ist dann das neue Album Lovestory, das ursprünglich schon für April angekündigt war, nun aber am 3. Mai erscheinen wird. Auch die Hamburger schauen übrigens im Haus Auensee vorbei, und zwar am 4. November. Für die neue Single nehmen sie ein Phänomen unter die Lupe, das eben auch vor Liebesbeziehungen nicht Halt macht: Du driftest nach rechts (***1/2) handelt davon, dass man Schluss machen muss, nicht aus romantischen Gründen, sondern aus politischen. „Du wünscht dir, wir hätten einen starken Führer? / Ich wünsch mir, es wär‘ zwischen uns wie früher“, heißt eine der Zeilen, und im Video dazu gibt es lustige Schwerkraft-Effekte zu sehen, die gut zum heiter-euphorischen Sound mit viel Disco und Gesang passen. Das Album soll dann weitere amouröse Grenzfälle betrachten und wird sicher auch weitere kluge Blicke auf empörende gesellschaftliche Trends bieten. Man darf sich freuen.

Seit der kostenlose Download aus der Mode gekommen ist, präsentiert Shitesite im „Futter fur die Ohren“ ja bevorzugt hörenswerte oder sonstwie interessante neue Lieder anhand der jeweiligen Videos. Für Bad Vibes (****), die neue Single von K. Flay, gibt es war vorerst nur einen Lyric-Clip, aber für so gute Acts wie die Amerikanerin, die 2018 zweimal fur den Grammy nominiert war, machen wir natürlich gerne eine Ausnahme – zumal es die ersten neuen Klänge von ihr seit dem Album Every Where Is Some Where (2017) sind und man wohl hoffen darf, der Song solle Vorbote für ein neues Album sein. Produziert wurde der Track von Tommy English (Ariana Grande), auch hier gelingt eine ziemlich einzigartige Symbiose von Rock, Rap und Electro. Inspiriert ist der Song von der Überzeugung, sich auch in Zeiten wie diesen nicht von schlechter Laune umgeben zu lassen. „Meine beste Freundin hat gerade ein Kind bekommen und ich habe gemerkt, wie schrecklich es wäre, wenn dieses Baby inmitten lauter trauriger Leute aufwachsen müsste“, sagt K. Flay. „Gerade, weil es gerade so viele Probleme auf der Welt gibt, wollte ich positive Musik machen. Es geht nicht darum, in jeder Minute glücklich zu sein, sondern darum, sich von negativer Energie fernzuhalten.“ Für diesen Song mit viel Punch im Beat, einem Refrain mit viel Kraft und jeglichem Verzicht auf Anbiederung sowie dem intelligenten Biss im Text, den man von ihr kennt, kann man eindeutig bestätigen: Hat geklappt!

Martha sind eine Band aus Pity Me in England, die am 5. April ihre neue Platte namens Love Keeps Kicking vorlegen wird. Into This (***1/2) heißt die neue Vorab-Single, das Video dazu ist Marke Eigenbau, aber deshalb nicht weniger originell: Die Band hat einen gebrauchten Camcorder auf einem Flohmarkt gekauft und für den Clip einfach das Material benutzt, das noch auf der darin befindlichen Kassette war. Auch Martha haben, neben dem Ende einer Beziehung, das die Platte ebenfalls prägt, die schwierige Lage der Welt (genauer gesagt: den „Aufstieg von Faschisten, Demagogen, Abusern und Heuchlern“, wie sie es nennen) im Blick. Die Botschaft des Albums ist dann auch nicht schwer zu erkennen: Wer am Boden liegt und getreten wird, darf sich gerne auch wehren. In Into This ist dieser Punkt noch nicht erreicht, steht aber vielleicht kurz bevor: Zu schönsten Pop-Punk-Klängen geht es um den Zweifel, ob dem Partner wirklich etwas an der Beziehung liegt (und ob er auch nüchtern in der Lage ist, das zum Ausdruck zu bringen). Schlau, putzig und individuell.

Äußerst kampfeslustig zeigt sich auch SaraJane im ersten Vorgeschmack auf ihre neue Platte. Bullets Out Of Love (***) heißt der Song. Die in Hamburg lebende Britin wurde dazu vom G20-Gipfel vor zwei Jahren inspiriert. „Als ich in Hamburg-Altona in meiner Wohnung saß, die Helikopter über mir kreisten und der Gestank von brennenden Autos ins Zimmer zog, war ich so wütend auf den Zustand der Welt, dass ich dachte, man muss jetzt etwas ändern“, erzählt sie. Der Protestsong (diese Bezeichnung ist wohl angemessen), den sie daraus gemacht hat, setzt ebenfalls auf Empathie, Solidarität und Offensive als Strategie, um die Welt besser zu machen. Das ist zwar sehr offensichtlich und etwas unterkomplex wie auch die Geschichte im Video, in der Konfetti gegen Negativismus siegt, aber bei so viel Überzeugung und Eingängigkeit kann man natürlich gerne daran glauben. Das Album Fuel folgt am 17. Mai.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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