The Haunted Man, das dritte Album von Bat For Lashes ist nicht mehr taufrisch, aber jederzeit eine Entdeckung wert. Wer sich einen Eindruck davon verschaffen will, wie es Natasha Khan darauf gelingt, sowohl intellektuell anregend und emotional berührend zu klingen, zugleich virtuos und aufrichtig, hintergründig und unmittelbar, dem sei All Your Gold (****) ans Herz gelegt, das es bei Soundcloud kostenlos als MP3 gibt. Neben der wahnsinnigen Stimme lässt hier vor allem der sehr coole Groove aufhorchen, der dadurch noch origineller wird, dass er zunächst ganz ohne Schlaginstrumente auskommt. Famos.
Auch Obits haben bereits ihr drittes Album im Kasten, und auf Bed & Bugs leben sie ihre Liebe zu einer urigen, ursprünglichen Version von Rock’N’Roll aus. Auf der Homepage des Quartetts aus Brooklyn gibt es gleich zwei Songs daraus (und übrigens noch drei weitere Lieder) als Free Tracks. Im knackigen Taste The Diff (***1/2) ist der Gesang rotzig wie bei Jet, nach einem Feedback-Finale rafft sich das Lied noch einmal zu ein paar Takten Garageninferno auf. Das Riff in Spun Out (***1/2) könnte, obwohl es von einem Bass gespielt wird, ebenso von den White Stripes stammen, dazu gibt es eine luftige Surfgitarre und den Gesang von Rick Froberg, der ebenfalls an Jack White denken lässt. Das ist ein bisschen düster, sehr bodenständig und wunderbar aufrichtig.
Noch ein Stück großzügiger sind Run The Jewels. Hinter diesem Namen verbergen sich Jaime “El-P” Meline (unter anderem Gründer des einflussreichen Def Jux-Labels) und Mike “Killer Mike” Render (eine Gallionsfigur des Outkast-Umfelds). Gelegentlich haben die beiden schon vorher zusammengearbeitet, als Run The Jewels haben sie schließlich ein ganzes Mixtape produziert, das es auf der Website ihrer Plattenfirma komplett als Gratis-Download gibt. Das Album (***1/2), das gerade auch regulär als physischer Tonträger veröffentlich wurde, ist ein Guerilla-Angriff und politisch engagiert, aber trotzdem eingängig und mit hohem Spaßfaktor. Am besten sind die Momente, in denen sich El-P und Killer Mike mit ihren Raps gegenseitig anstacheln wie beim Trash Talk – sehr gekonnt.
The Butterfly Collector ist bekanntlich ein Song von The Jam, aber unter diesem Namen verdient sich seit zwei Jahren auch ein Label aus Berlin (das mittlerweile allerdings in Köln und Haldern beheimatet ist) seine Meriten. Als Ausblick auf die Veröffentlichungen, die es 2014 aus diesem guten Hause geben wird, verschenken die Damen und Herren von Butterfly Collectors auf Soundcloud gleich vier Lieder. Dazu gehört Jeff Beadles feine Version des Del-Amitri-Klassiker Nothing Ever Happens (***). Bei ihm verliert das Lied ein wenig Pathos, bekommt dafür aber eine zusätzliche Dringlichkeit. Mit Silver Zippo Lighter (***) vom anstehenden Album The Hunting Ends gibt es von Jeff Beadle auch noch einen eigenen Song. Auch hier beschränkt er sich auf Gesang und Gitarre, die Stimme pendelt sich irgendwo zwischen Cat Stevens und Paul Simon ein, das Lied bekommt nach betrüblichem Beginn (typisch sind die Zeilen „When I see pretty people in pretty cars / drive up and down the boulevard / I know I’m not in the right place”) noch einigen, beinahe trotzigen Schwung im Stile von Frank Turner oder den Everly Brothers. Als instrumentales Klavierstück, raumgreifend und feingliedrig, entpuppt sich Tundra (**1/2) von SpringerParker, in diesem Jahr wird das Album There Are Places In Our Heads One Can Travel To folgen. The Fountain (***) von Spyra ist ein Electro-Track, der zunächst in maximaler Deutlichkeit das Wort „Kraftwerk!“ schreit, dann in knapp sieben Minuten aber einen ganz eigenen, rauschhaften Charakter gewinnt und reichlich spacig wird.
„Mit ihrem kompositorisch durchweg genialen, völlig zeitlosen Glamour-Rock-Mix aus The Darkness, Muse, Queen, The Fratellis und Broadway-Musicals überholen die Jungs die letzten Scheiben der beiden erstgenannten Bands locker auf dem Standstreifen“, hat Rock Hard über Even The Odd Ones Out geschrieben, das aktuelle Album von ME aus Berlin. Die Single Sleepwalker (***) verschenken ME im Tausch gegen eine Mailadresse auf ihrer Website. Das Lied ist erfreulich eingängig und muskulös, wie eine spannende Kreuzung aus Supergrass und Led Zeppelin. Die Band hat in Friedrichshain übrigens mittlerweile eine monatliche Clubreihe namens „Satisfactory Factory“ am Start und fungiert dabei als Gastgeber für Künstler aller Couleur. ME-Schlagzeuger Spike erklärt das Konzept: „Wir mögen alles Verrückte. Wir suchen die durchgedrehten Kreativen, sei es eine Band, ein Graffiti-Künstler, Tänzer oder Feuerspucker, stecken diese alle zusammen in einem Raum mit Publikum, drehen die Musik auf und schauen was passiert, das ist unser Plan.“
Nach einem Debüt in den Fußstapfen von Dinosaur Jr. haben Yuck auf ihrem zweiten Album Glow & Behold plötzlich Blur für sich entdeckt. Eine Kostprobe daraus gibt es derzeit im Tausch gegen eine E-Mail-Adresse umsonst auf der Homepage der Band aus London. In Rebirth (***1/2) ist die Gitarre maximal verfremdet und verwaschen, die Stimme von Sänger Max Bloom hingegen maximal klar und hell, erst ganz am Schluss, wenn alle anderen Instrumente ausblenden, merkt man dann, wie mächtig das Schlagzeug da schon die ganze Zeit donnert. Wer auf etwas ungewöhnliche Rockmusik steht und nichts gegen Retro hat, ist da bestens bedient.