Künstler | Girls Names | |
Album | Stains On Silence | |
Label | Tough Love Records | |
Erscheinungsjahr | 2018 | |
Bewertung |
Ein Schlagzeuger ist heutzutage natürlich nicht mehr essentiell. 2015 hatten Girls Names ihr drittes Album Arms Around A Vision veröffentlicht, im Jahr darauf verließ Gib Cassidy die Band aus Belfast. Auf dem heute erscheinenden Nachfolger wird er größtenteils von Drumcomputern und programmierten Beats ersetzt. Frontmann Cathal Cully, Bassistin Claire Miskimmin und Gitarrist Philip Quinn war aber noch etwas anderes abhandengekommen: Das Vertrauen, intuitiv alles richtig zu machen.
Sehr lange haben sie deshalb an Stains On Silence gearbeitet, zwischendurch sah es beinahe so aus, als werde es nie ein viertes Album von Girls Names geben. „Wir hatten einen fertigen Mix der Platte, der erst sechs Monate lang bloß herumlag und den wir dann komplett wieder verworfen haben“, sagt Cathal Cully. „Wir haben dann für eine Weile komplett mit der Band aufgehört und wieder ganz normal gearbeitet, in Vollzeit. Erstens war das eine Möglichkeit, dem Stress zu entgehen, den wir uns gemacht haben beim Versuch, die Platte unbedingt endlich zu vollenden, obwohl wir alle nicht zufrieden damit waren. Zweitens waren wir fast pleite, weil ohne Platte und ohne Touren kein Geld reinkam, sodass wir uns langsam Sorgen um die Miete machen mussten.“
Wohl viel mehr wegen dieser Erfahrung als wegen des nun fehlenden Drummers klingt Stains On Silence deutlich anders und mehrdimensionaler als der Vorgänger. Die Platte weiß um die Möglichkeit des Scheiterns, zieht aus dieser Erfahrung aber keine Verunsicherung, sondern vielmehr zusätzliche Entschlossenheit. Der Titelsong als der Moment des Albums, der die größte Schönheit entfaltet, bietet vor allem einen Alleinunterhalter-Beat und Gesang, dazu ganz viel, was drumherum wabert, bis sich einer dieser Klänge dann immer klarer als Orgel herausstellt. Fragments Of A Portrait wird reduziert und verschwörerisch (nicht nur wegen der Aufforderung „Devour me again“), das Ergebnis könnte man sich von INXS circa 1983 vorstellen, wenn die schon mal von Dub gehört hätten.
„Wir haben das Material diesmal oft wieder auseinandergerissen und neu zusammengesetzt. Wir haben Dinge umgestellt und viele Passagen noch einmal neu aufgenommen“, sagt Cully über die Arbeit mit Ben McAuley. Man hört das in Songs wie The Process, das gewollt fies, abgründig und kalt, vor allem aber komplex klingt wie die Stücke von Nick Cave & The Bad Seeds. A Moment And A Year könnten die Geräusche sein, die diverse Saiteninstrumente vielleicht machen, während sie versuchen, aus ihren Instrumentenkoffern auszubrechen. 25, Opener und zugleich erste Single des Albums, bleibt mehr als zwei Minuten lang instrumental und hat dabei ausgerechnet den Bass als einziges Melodieinstrument, dann gesellt sich ein schiefes Klavier hinzu und der Gesang mit Schock-Poesie wie dieser: „I want to bathe again / I want to swim again / in a pool of twisting bodies / blackened gold.“
Haus Proud beschwört zuerst die (elektronische) Avantgarde der frühen 1980er Jahre herauf und stellt ebenfalls den gerne nöligen und zynischen Gesang von Cathal Cully in den Mittelpunkt, und damit eine Stimme, die bei weitem nicht gut genug ist, um sie so sehr ins Zentrum des Songs zu rücken, und die das sogar weiß. Untermalt wird das von einer leiernden Gitarre und einem Pseudo-Disco-Beat, der sich mit sich selbst nicht einig werden kann. The Impaled Mystique bräuchte tatsächlich nur die Stimme von Morrissey, um perfekt als ein Track der Smiths durchzugehen – am Ende erklingen dann noch eine ganze Weile bloß Jangle, etwas Groove und ein Klang, als würde jemand wahllos Tasten auf dem Klavier drücken.
Die Single Karoline beschließt Stains On Silence. „Das ist eine fiktive Figur, die für alles steht, was man überhöht und dem man nachjagt oder von dem man vor lauter Erinnerungen und Nostalgie einfach nicht loskommt“, erklärt Cathal Cully. Girls Names versehen das mit einer verzweifelten Intensität mit Hang zum Hymnischen, die man von Glasvegas kennt. „Auf eine gewisse Weise ist das ganze Album so wie Karoline. Darin steckt die Erfahrung, dass man älter und das Leben härter wird – als ob irgendetwas dich immer hemmen und einschränken würde. Die letzte Zeile im Lied, und damit auch die letzte Zeile auf dem ganzen Album, heißt ‘Eating out the scum in Western Man‘ und war anderthalb Jahre lang der Arbeitstitel für die Platte. Für mich fühlt sich das an wie ein ernüchterndes Ende.”