Künstler | Hanne Hukkelberg | |
Album | Birthmark | |
Label | Hukkelberg Music | |
Erscheinungsjahr | 2019 | |
Bewertung |
Es ist nicht verwunderlich, dass Hanne Hukkelberg gerne am Klavier sitzt. Sie hat 2003 ihren Abschluss an der norwegischen Musikhochschule gemacht. Ihre Mutter war klassische Pianistin, ihr Vater hatte auch eine Vorliebe für Tasteninstrumente und spielte Orgel in der Kirche.
Das Klavier, auf dem die meisten Stücke für Birthmark entstanden sind, ist aber ein ganz besonderes: Es ist ziemlich wuchtig, aus recht hellem Holz, und wurde vom (mittlerweile nicht mehr existierenden) Instrumentenbauer Zimmermann aus Leipzig hergestellt. Es gehörte einst der Großmutter von Hanne Hukkelberg, nach deren Tod hat sie es geerbt. „Ich habe meine Großmutter wirklich sehr geliebt. Die Tatsache, dass ich Birthmark komplett auf diesem Klavier geschrieben habe, macht das Album zu einer sehr persönlichen Angelegenheit für mich“, sagt die 40-Jährige.
Dass kleine Improvisationen den Kern der meisten Lieder ihres sechsten Albums bilden, offenbart beispielsweise die extrem minimalistische Ballade The Young And Bold I. „Have you ever experienced love?“, fragt Hukkelberg darin – allerdings nicht so, als sei diese Sache mit der Liebe eine Erfahrung, nach der man sich unbedingt sehnen sollte. Dass man am Ende noch Pistolenschüsse hört, stärkt diese Interpretation.
Auch Don’t Dream hat ein schüchternes Klavier als Basis. Dass es so eigen klingt, liegt natürlich ebenso an den Blechbläsern, Pauken und elektronischen Elementen, die sich dazugesellen, noch mehr aber an dieser außergewöhnlichen Stimme, die schon auf dem Vorgänger Trust (2017) für so viel Begeisterung gesorgt hat. Sie ist auch das stärkste Instrument im hoch spannenden Crazy. Die Zeile „I think I’m losing my mind“ wirkt darin fast wie ein Kampfschrei, in dem nicht nur Verzweiflung steckt, sondern auch Befreiung. In Tobelittle dürfen die Streicher glänzen, sehr originell und sehr dominant.
„Die Palette dieses Albums reicht von den ganz großen, existenziellen Fragen bis hin zu ganz kleinen, absolut alltäglichen Dingen – schließlich spielt sich mein Leben ja auch zwischen diesen Polen ab. Es geht darum, wie ich die Welt sehe, wie es sich anfühlt, auf dieser Welt zu leben, und um die ganzen Beziehungen, Probleme und Freuden, die diese Welt mit sich bringt“, sagt die Künstlerin.
Faszinierend ist, dass sie es dabei – trotz ungewöhnlicher Zutaten wie Sequenzen aus Field Recordings, Samples und Haushaltsgegenständen, die sie als Percussions zweckentfremdet – immer wieder hinbekommt, auch Pop zu erschaffen. Catch Me If You Can könnte man sich von Lily Allen vorstellen, wenn die auch musikalisch edgy sein wollte. Rules hat einen guten Groove, ist manchmal reduziert und manchmal mit sehr plakativen Elementen gespickt, das entwickelt in Summe einen ziemlich speziellen Charme. Faith hat eine ähnliche Ambivalenz: Es ist hektisch und trotzdem niedlich, am Ende klingt es, als habe sich der Rechner aufgehängt, von dem die Musik kommt, was ein ziemlich spektakulärer Effekt ist.
„Nachdem ich 15 Jahre lang auf eher maximalistische Songs gesetzt habe, wollte ich mich auf diesem Album ganz klar auf den Gesang und die Texte konzentrieren. Um das zu erreichen, habe ich versucht, die Produktion so minimalistisch wie möglich zu halten – um so den wirklich wichtigsten Elementen dieser Stücke noch mehr Raum zu geben“, sagt Hanne Hukkelberg, die Birthmark selbst produziert hat, in ihrem eigenen Studio in Oslo.
Summer Shadows schließt die Platte ab, nur mit Klavier und Gesang. Das äußerst rührende Lied „handelt davon, das, was man hat, nicht zu schätzen… bis man es irgendwann nicht mehr hat“, verrät Hanne Hukkelberg. Eine der Zeilen darin heißt: „Summer always brings out the best in me.“ Wie passend, dass Birthmark dann in diesen Tagen erscheint, mitten im Sommer.
Wie ein Homevideo kommt der Clip zu Tobelittle daher.
Live-Termine:
12.10.2019 Essen – Peng Festival
13.10.2019 Hamburg – Turmzimmer
14.10.2019 Berlin – Monarch
16.10.2019 Frankfurt – Mousonturm Lokal
17.10.2019 Hannover – Feinkost Lampe