Künstler | Hayden Thorpe | |
EP | Aerial Songs | |
Label | Domino | |
Erscheinungsjahr | 2020 | |
Bewertung |
Wenn man das Cover dieser morgen erscheinenden EP betrachtet, könnte man meinen, Hayden Thorpe habe mit Aerial Songs sein Interesse für Meteorologie entdeckt. Die Linien darauf erinnern an die Darstellung von Luftmassen, Hoch- oder Tiefdruckgebieten. Die Assoziation ist nicht einmal ganz falsch: Die drei Lieder, die mit Unterstützung von Nathan Jenkins (aka Bullion), Richard Formby und Fabian Prynn entstanden sind, haben eine Ästhetik, die sie wie Wolken oder Plasma klingen lässt.
Die Namensgebung der EP, die der ehemalige Frontmann der Wild Beasts seinem Solo-Debütalbum Diviner aus dem Mai den vergangenen Jahres folgen lässt, hat aber einen ganz anderen Hintergrund: Hayden Thorpe war eingeladen worden, Songs als künstlerisches Projekt für das Aerial Festival beizutragen, eine Kunst-, Musik- und Performance-Veranstaltung in der nordwestenglischen Grafschaft Cumbria, die dieses Jahr lediglich als Online-Event stattfinden kann. Der dortige Lake District, ein britischer Nationalpark, ist Thorpes Heimat.
Gerade wegen seiner engen Verbundenheit zu dieser Region hatte Thorpe gehörigen Respekt vor dieser Aufgabe: „Von meinen ersten, unbeholfenen Versuchen als Teenager, Musik und Dinge jenseits davon zu machen, über die schrittweise Entwicklung zu einem Erwachsenen, der tatsächlich auch anständige Musik machen möchte, erschien mir die Idee, etwas über den Lake District zu machen, immer als geradezu abstoßend riskant. Ich fühlte mich nicht einmal annähernd in der Lage, etwas zu erschaffen, was dem Zauber dieser Landschaft entspricht“, erzählt er zu seiner Ausgangsposition für Aerial Songs. „Ich würde nicht sagen, dass ich jetzt eher dazu bereit bin. Aber vielleicht kann ich die lebenswichtige Bestätigung, die ich in den Bergen fühle, genauer beschreiben. Vielleicht bin ich mittlerweile weit genug vom Explosionsradius einer frustrierten ländlichen Jugend-Scheißshow entfernt, um einen klaren Kopf zu bekommen und es zu versuchen.“
Blue Cow eröffnet die EP sanft und mit seiner unverkennbar hohen Stimme, irritierenderweise erinnert die Melodie dabei ein wenig an Mutter, der Mann mit dem Koks ist da. Mit Streichern wird Set It Loose angereichert, den Song könnte man sich von Erasure vorstellen, wenn sie besonders erwachsen oder esoterisch klingen wollten. In Head On A Platter hat sein Gesang etwas mehr Präsenz, was ihn ein wenig nach Jimmy Sommerville klingen lässt, die Musik ist deutlich elektronischer. Das Ergebnis zeigt wie emotional und tiefgründig Musik sein kann, die nur aus einem Sequenzer und einer Stimme besteht – wenn man denn so eine außergewöhnliche Stimme hat wie Hayden Thorpe.