Künstler | Hearts Hearts | |
Album | Goods / Gods | |
Label | Tomlab | |
Erscheinungsjahr | 2018 | |
Bewertung |
Auf ihrem Ende 2015 veröffentlichten Debütalbum Young hatten Hearts Hearts noch vergleichsweise handelsübliche Songtitel wie Potemkinsche Dörfer, I Am In oder If zu bieten. Morgen legt das 2012 gegründete Quartett aus Wien mit Goods / Gods nach, und nicht nur im Albumtitel findet sich der Schrägstrich. Alle Tracks sind damit versehen.
Man kann das affektiert finden, die Band hat allerdings eine recht plausible Erklärung für diese Eigenheit. Die Single Phantom / Island war der erste Song, der für die neue Platte entstand – und zwar als David Österle (Gesang, Klavier, Texte) in seinem Posteingang fast gleichzeitig zwei Kostproben fand, an denen zwei Bandkollegen jeder für sich gearbeitet hatten. Er fügte die verschiedenen Passagen kurzerhand zusammen, was einen nervösen Sound mit einem plakativen Riff als Basis und einem erhebenden Refrain ergab, und sang mit seiner typischen Falsettstimme einen Text dazu ein.
Diesen Ansatz zogen Hearts Hearts dann für alle Lieder des Albums durch. „Es geht um ein Denken in Optionen“, sagt Gitarrist Daniel Hämmerle. Als Referenzen benennt die Band dabei Bon Iver, Son Lux, Cinematic Orchestra und Jamie Smith von The XX, natürlich kann man auch Radiohead wieder heraushören, die schon beim Debüt von etlichen Kritikern als Vergleich herangezogen wurden.
+ / – lässt gut die Entstehungsweise aus einzelnen Versatzstücken erkennen, die typisch für die Tracks der Platte ist: Die Akustikgitarre zu Beginn bildet die Basis, dann kommt ein dezenter Beat hinzu, dann Streicher. Take / Care klingt, als habe sich James Blake mitten im Song entschieden, es jetzt doch mit Jazz zu versuchen. In vielen anderen Momenten ist es jedoch beeindruckend, wie rund die Ergebnisse angesichts der besonderen Songwriting-Methode geworden sind. In I Was There / Noone Came wird alles famos ineinander verwoben, 1 / 0 erweist sich kurz vor dem Ende der Platte als das beste, weil stimmigste Lied auf Goods / Gods.
Die tolle Atmosphäre von To Have / To Be entsteht, weil alles bloß angedeutet wirkt, außer dem Miteinander aus Wärme, Schmerz und Sehnsucht in der Stimme. Present / Tense erinnert ein wenig an New Order, auch der Rhythmus, den Johannes Mandorfer (Drums) und Peter Paul Aufreiter (Bass) in Sugar / Money vorgeben, ist vergleichsweise straight, der sich daraus entwickelnde Drive wirkt dabei nicht wie ein Fremdkörper innerhalb des Albums, sondern bringt lediglich etwas zum Vorschein, was auch in anderen Stücken angedeutet ist. Im Titelsong Goods / Gods scheinen die Streicher eine Spirale zu bilden, in der der Rest des Songs dann tanzt.
Do You Often Think About / (da kommt nix nach dem Strich) setzt nur auf Gesang und Klavier und zeigt damit: Die Klangeffekte werden bei Hearts Hearts nicht zum Aufhübschen eingesetzt, nicht um Gelungenes noch heller strahlen zu lassen oder Schwächen zu kaschieren, sondern zum Verfremden, Irritieren, Hinterfragen. Nicht immer entstehen daraus aber vollends überzeugende Ergebnisse, wie etwa Imagine / Many Lives offenbart. Es ist eine Ballade, die vieles richtig macht, aber auch zeigt: Hearts Hearts wollen mit Besonderem beeindrucken (nicht nur mit Schrägstrichen) und im Bemühen darum geht manchmal die Unmittelbarkeit verloren, die es für einen wirklichen emotionalen Impact dieser Musik bräuchte.
Das Video zu Goods / Gods kommt der Sache mit „Tanzen zu Architektur“ ziemlich nahe.
Im Mai gibt es Hearts Hearts live in Deutschland:
08.05.2018 -Berlin, Kantine am Berghain
10.05.2018 -Hamburg, Häkken
11.05.2018 -Dortmund, Etepetete Festival