Fraser A. Gorman – „Slow Gum“

Künstler Fraser A. Gorman

Cover des Albums "Slow Gum" von Fraser A. Gorman bei House Anxiety
Wie Klassiker wollen die Songs auf „Slow Gum“ wirken.
Album Slow Gum
Label House Anxiety
Erscheinungsjahr 2015
Bewertung

Fraser A. Gorman weiß bestimmt, wie man eine perfekte Sekunde genießt. Die Perspektive, die der 23-Jährige aus der Nähe von Melbourne auf seinem Debütalbum Slow Gum wählt, ist aber fast nie die des Moments, sondern die der Ewigkeit. Hier wird über die Grenzen der Generationen hinaus geblickt, und auch geografisch ist der Fokus maximal groß: Big Old World heißt der erste Track. Später verkündet er in einem anderen Lied: „Everybody’s gotta live / ’cause death ain’t worth living.“ Und wenn es um die Liebe geht, dann natürlich auch nicht nur um die nächsten paar Wochen, sondern um die Unendlichkeit: „He’s never gonna hold you like I do.“

Es ist ein Blickwinkel, der wunderbar zu Slow Gum passt. Denn er verleiht den Songs ein Element des Reifen und Klassischen. Und was Gorman hier abliefert, ist in der Tat feine Singer-Songwriter-Kunst, die manchmal an Beck erinnert (ohne die HipHop-Einflüsse), oft auch an die Helden, die der Australier seit seiner Kindheit verehrt: Townes van Zandt beispielsweise oder die Flying Burrito Brothers. „Country music sounds to me like rock’n’roll“, singt er in Broken Hands – viel besser kann man seinen Sound nicht zusammenfassen.

Mal wird es sinnlich und dezent funky wie in Book Of Love, mal sorgen Besenschlagzeug und Pedal-Steel-Gitarre für eine wehmütige und sanfte Atmosphäre wie in Never Gonna Hold You (Like I Do). Ein schöner Shuffle-Beat und schöne Bläser prägen We’re All Alright, was für ein herrliches Schwelgen sorgt. Mystic Mile beweist, dass Fraser Gorman auch nichts gegen eine zünftige Schnulze einzuwenden hat.

Das herrlich romantische Dark Eyes könnte man sich auch von Belle & Sebastian vorstellen. Shiny Gun und das vergleichsweise kraftvolle My Old Man machen deutlich, warum Courtney Barnett schnell von ihm begeistert war und ihn unlängst auch mit auf Tour genommen hat: Der Song hat genau die Spontaneität, Unmittelbarkeit und Vorliebe für einen frechen Humor wie ihre eigenen Stücke – das klingt, als sei es bei einem Barbecue erdacht und auch gleich an Ort und Stelle aufgenommen worden.

Wenn dann in Blossom & Snow, dem letzten Song der Platte, eine Mundharmonika zur akustischen Gitarre erklingt, ist das fast überfällig. Natürlich lässt das an Bob Dylan denken (ebenso wie das Cover ein wenig an das Setting von The Freewheelin’ Bob Dylan erinnert). Von dessen Meriten ist Fraser A. Gorman noch ein sehr großes Stück entfernt. Aber ein enorm souveränes Debüt mit vielen guten Songs ist schon einmal kein schlechter Ausgangspunkt, um His Bobness (weiter) nachzueifern.

Die Sonne senkt sich auf das Book Of Love.

Fraser A. Gorman bei Facebook.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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