Hingehört: A Place To Bury Strangers – „Transfixiation“

Künstler A Place To Bury Strangers

Angst heißt auch diesmal das Prinzip bei A Place To Bury Strangers.
Angst heißt auch diesmal das Prinzip bei A Place To Bury Strangers.
Album Transfixiation
Label Dead Oceans
Erscheinungsjahr 2015
Bewertung

Aha. Thor (jawohl, der germanische Gott), Mark E. Smith (jawohl, der notorische Grantler von The Fall) und Kevin Shields (jawohl, der Lärm-Großmeister von My Bloody Valentine) haben also eine Post-Rock-Band gegründet. So zumindest klingt Deeper, der fünfte Track auf dem heute erscheinenden neuen Album von A Place To Bury Strangers. Das Trio aus Brooklyn hat für seinen vierten Longplayer wieder die Höllenmaschine angeworfen. „It’s not rocket science. You gotta keep it simple and rock it fucking hard“, umschreibt Bassist Dion Lunadon den Sound sehr treffend.

Es gibt mit Supermaster ein Lied für (oder besser: gegen) alle, die noch immer leugnen, dass Joy Division die einflussreichste Band der vergangenen 40 Jahre waren. Es gibt Lieder mit Kalaschnikow-Beat (Now It’s Over), es gibt solche, die wie eine radioaktive Version von Black Rebel Motorcycle Club klingen (I’m So Clean) und solche, die dem Hörer nicht einmal eine Hundertstelsekunde Vorwarnzeit gönnen, bevor etwas beginnt, das wie der Weltuntergang klingt (Love High).

Fill The Void ist wahrscheinlich genau die akustische Entsprechung von Gefahr, Zynismus und Ablehnung, die von Leuten, die damals Punk verhindern wollten, als Klang der Zukunft befürchtet wurde. Und wenn als letzter Song auf Transfixiation dann I Will Die erklingt, dann ist es, als hätten die Lautsprecher nach 39:20 Minuten schlussendlich kapituliert vor diesem Sound und würden nun um Gnade winseln.

Also alles wie immer bei A Place To Bury Strangers? Keineswegs. Zum einen ist auf Transfixiation erstmals der neue Schlagzeuger Robi Gonzalez zu hören. Mit ihm an Bord hat es das Trio noch besser geschafft, den schockierenden Effekt seiner Live-Shows auch auf Platte zu bannen. „The one thing we have in common is this fire when we’re playing. I don’t know, it’s real intense”, sagt Gonzalez passend dazu.

Zum anderen hatte die Band dabei zunächst beträchtliche Probleme. A Place To Bury Strangers waren nach dem Erscheinen von Worship (2012) zwei Jahre fast ununterbrochen auf Tour, dann wollten sie die gut geölte Maschine gleich im Studio zum Laufen bringen, überdrehten dabei aber. „It got to be too much, where we – or at least I – almost had a meltdown or something“, erinnert sich Frontmann Oliver Ackerman. Also brachen sie die Sessions ab und begannen noch einmal neu, mit anderen Songideen.

Die Single Straight klingt nun, als spiele sich der ganze Song auf einem Minenfeld ab oder werde aus der Luft bombardiert. In What We Don’t See ist am deutlichsten der Popsong zu erkennen, der (auch bei anderen Tracks von Transfixiation) unter all den Feedbacks, Dissonanzen, Schlagzeuggewittern und verzerrten Stimmen liegt. In We’ve Come So Far gibt es eine schöne Frauenstimme und einen Bass, den man in einem anderen Kontext „mitreißend“ nennen könnte. Für zarte Gemüter dürfte das trotzdem nichts anderes sein als eine Tortur.

Schließlich sind A Place To Bury Strangers eine Band, die Angst als das intensivste Gefühl erkannt hat, das man haben kann (auch während eines Rockkonzerts). Und Ackerman ist ein Mann, der so unbedingt einen besonders monströsen Sound hinbekommen will, dass er seine eigenen Effekt-Pedale herstellt (die übrigens unter anderem auch von Lou Reed oder Nine Inch Nails verwendet werden). Genau deshalb klingen sie auch hier so sagenhaft intensiv und konsequent, wie aus einem eigenen Universum. Hört man Transfixiation, ist kaum zu glauben, wie Angst einflößend das noch immer sein kann. Und es ist kaum zu glauben, dass diese Band aus derselben Welt (sogar aus derselben Stadt) kommt wie Jennifer Lopez.

Der Albumtrailer zu Transfixiation.

A Place To Bury Strangers gibt es im April 2015 live:

19.04.2015 – München – Strom
21.04.2015 – Berlin – Lido
22.04.2015 – Köln – Underground
27.04.2015 – Hamburg – Hafenklang

Homepage von A Place To Bury Strangers.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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